Ausländische Investoren haben in den letzten drei Jahren geschätzte 20 Mio. Hektar Ackerland vor allem in Ländern des Südens gepachtet oder gekauft. Die Sicherung von Nahrungsmitteln für die eigene Bevölkerung, zu erwartende Renditen und die Produktion von Agrosprit sind die Gründe für diese Transaktionen. Doch die Geschäfte mit Farmland laufen nur noch schleppend. Das liegt nicht nur an der globalen Finanzkrise. Vielmehr haben die Nahrungsmittelrevolten der letzten beiden Jahre und der Aufstand der Bevölkerung Madagaskars zu Anfang dieses Jahres Käufer und Verkäufer gleichermaßen verunsichert.
Am 19.03.2009 hatte die Rebellion der Bevölkerung Madagaskars endlich ihr Ziel erreicht. Präsident Ravolamanana musste ins Exil, und wurde vom Militärrat durch Andry Rajoelina, bis dato Bürgermeister der Hauptstadt Antananarivo, ersetzt. Noch in seiner Antrittsrede widerrief der neue Machthaber explizit das Vertragswerk, das seinem Vorgänger die letzten Sympathien gekostet hatte und der Ausgangspunkt für die wochenlange Revolte gewesen war.1
Ravolamanana schloss mit der südkoreanischen Daewoo Logistics im Juli 2008 einen Pachtvertrag, der dem Handelskonzern auf 99 Jahre die kostenlose Nutzung von 1,3 Millionen ha Land – einer Fläche halb Belgiens – zum Anbau von Ölpalmen und Mais zusicherte. Während die dort geernteten Produkte größtenteils nach Südkorea zurück transferiert werden sollten, hätte die selbst auf Nahrungsmittelhilfe angewiesene Bevölkerung des ostafrikanischen Inselstaats bei dem geplanten Deal nur verlieren können. Im Tausch für gut die Hälfte des landwirtschaftlich nutzbaren Bodens bot Daewoo in einer vagen Absichtserklärung an, über die Erstellung der notwendigen Infrastruktur wie Straßen und Bewässerungsanlagen zur allgemeinen Entwicklung des Landes beizutragen sowie Arbeitsplätze in der Plantagenwirtschaft zu schaffen.2
Vieles bei dem Vertragswerk blieb nebulös, weil das Regime bestrebt war, nichts darüber an die Öffentlichkeit dringen zu lassen. Erst nach einem Bericht der Financial Times am 19.11.2008 sahen sich Mitarbeiter der Regierung genötigt, ihr Schweigen zu brechen. Gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters versuchte der Minister für Landreform, Ratolajanahary, die Bedeutung des bereits im Juli 2008 abgeschlossenen Vertrages runter zu spielen, indem er behauptete, dass man sich mit ihm „noch nicht über das Stadium einer Willenserklärung hinaus bewegt“ habe.
Da der südkoreanische Konzern im Gegensatz zu den Dementis des Regimes schon die Wunschregionen für seine Anbaupläne verlautbaren ließ, verloren Regierung und insbesondere der damalige Präsident jegliche Glaubwürdigkeit. Ravolamanana war bereits in seiner Doppelfunktion als Regierungschef und Inhaber des Mischkonzerns Tiko in die Kritik geraten. Immer wieder missbrauchte er seine Macht, um seiner Firma über entsprechende Gesetze entscheidende Marktvorteile zu sichern und sie so zum kapitalstärksten Konzern der Insel zu machen.
Andry Rajoelina, Besitzer der Fernseh- und Radiokette Viva, nutzte die weit verbreitete Wut der 20 Millionen Madagass_innen über den korrupten Ex-Präsidenten und setzte sich, nachdem sein Konkurrent Mitte Dezember seinen Sender hatte schließen lassen, an die Spitze der Rebellion. Die sich Ende Januar 2009 zuspitzenden massenmilitanten Angriffe gegen das alte Regime waren geprägt von unzähligen Demonstrationen, Plünderungen mit gezielten Brandschatzungen des Tiko Firmenimperiums und zeitweiligen Besetzungen von Ministerien. Angesichts der unaufhaltsamen Revolte, bei der bereits 130 Menschen, zum Großteil von Sicherheitskräften, getötet worden waren, rückte auch das Militär immer mehr von Ravolomanana ab. Nur zwei Tage nach der ‚Beschlagnahme’ eines Teils des Präsidentenpalastes durch Soldaten der eigenen Streitkräfte gab der ehemalige Günstling des IWF seine Macht am 18. März endgültig ab.
Einen Tag später erklärte sein Nachfolger den Vertrag mit Daewoo für null und nichtig: „In der Verfassung ist festgelegt, dass die Ländereien Madagaskars weder zu verkaufen noch zu vermieten sind, insofern ist die Vereinbarung mit Daewoo aufgekündigt.“3
Landnahme zum Anbau von Nahrungsmitteln
In den letzten drei Jahren haben nach Schätzungen des unabhängigen Food Policy Research Institute (IFPRI) aus Washington ausländische Investoren weltweit gut 15 – 20 Mio. Hektar Ackerland zu einem Preis von bis zu 30 Milliarden Dollar in Entwicklung- und Schwellenländer unter ihre Kontrolle gebracht.4 Die zunehmenden Transaktionen zum Kauf oder zur Pachtung großer Landflächen außerhalb des eigenen Staatsgebietes sind eng verbunden mit den zahlreichen Krisensymptomen kapitalistischer Globalisierung. Die Folgen der Klimakatastrophe und das absehbare Versiegen der fossilen Brennstoffe machen Nahrungsmittel und erneuerbare Energieträger zu den strategischen Ressourcen der Zukunft.
Vor diesem Hintergrund haben insbesondere reichere, über Devisen und Petrodollars verfügende Staaten mehrere Millionen Hektar Ackerland in Drittländern zum Anbau von Grundnahrungsmitteln für die eigene Bevölkerung erworben.
Als exemplarisch lässt sich in dem Zusammenhang die Situation Chinas beschreiben. Durch Desertifikation, Umweltverschmutzung und Industrialisierung hat die Volksrepublik geschätzte acht Millionen Hektar an bebaubaren Böden verloren. So fehlt mittlerweile dem Bauernstaat, in dem noch immer 40% aller weltweit in der Landwirtschaft Tätigen leben, die wichtigste Ressource, um die 1,28 Milliarden EinwohnerInnen mit Nahrungsmittel zu versorgen. Notgedrungen schlossen die staatlichen Behörden rund 30 Kooperationsabkommen mit verschiedenen Regierungen, um sich die Nutzung von gut 2 Millionen Hektar Agrarfläche außerhalb des eigenen Hoheitsgebiets zu sichern.
Für die Regierungen anderer Länder – Indien, Malaysia, Japan und Südkorea im asiatischen Raum, die Golfstaaten im Nahen Osten sowie Ägypten und Libyen im nördlichen Afrika – liegt in der Abhängigkeit vom Preisdiktat der großen multinationalen Lebensmittelkonzerne die hauptsächliche Motivation zum Erwerb staatsfremder Ländereien.
Die Vertragspartner kommen meist aus korrupten Regierungen ‚schwacher’ und ‚armer’ Staaten wie Pakistan, Indonesien, Ukraine, Rumänien, Kambodscha, Laos, Kasachstan, Surinam oder des subsaharischen Afrika. Die Lage der eigenen Bevölkerung spielt dabei keine Rolle. So hat die sudanesische Regierung der saudischen Firma Hadco 10.000 Hektar Land in der Nähe des Nils nördlich von Khartum für 95 Millionen US-Dollar zum Anbau von Weizen und Gemüse verpachtet. Auch Ägypten soll bereits Ackerfläche am sudanesischen Nil erhalten haben, um dort jährlich zwei Millionen Tonnen Weizen vor allem für die eigene Bevölkerung anbauen zu können. Währenddessen hungert ein Großteil der im Sudan lebenden Menschen und 5,6 Millionen Flüchtlinge werden über das Welternährungsprogramm der UN versorgt.
Dividende und Agrosprit
Während der Bodenerwerb aus Gründen der Nahrungsmittelsicherung schon ein beträchtliches Volumen erreicht hat, gibt sich eine weitere Interessentengruppe notgedrungen zurückhaltender. Weil den Banken und Fonds aufgrund der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise die Mittel fehlen, steigen sie erst in kleineren Schritten in dieses spekulative Investment ein. Doch die Devise ‚Investieren Sie in Korn! Kaufen Sie Land’ von Jim Rogers, dem Guru des Rohstoffmarktes, könnte wieder Rendite garantieren – wenn sich die Prognose bewahrheitet, dass zur Deckung der weltweiten Nachfrage die Nahrungsmittelproduktion bis 2050 verdoppelt werden müsste. Derzeit bedeutet der Erwerb von 500.000 Hektar einer schwedischen Investorengruppe in Russland oder der von 300.000 Hektar des russischen Hedge Fonds Renaissance Capital in der Ukraine schon einen Abschluss mit hohem Kapitaleinsatz, während die meisten Einkäufe Flächen bis zu 100.000 Hektar umfassen.
Auch bei den Agrospritproduzenten hat sich inzwischen der Landkaufhype verflüchtigt. Noch Anfang 2007 machten sich angesichts versiegender Ölquellen gerade Firmen aus den USA, Kanada und Westeuropa auf, Boden für den Plantagenanbau von Energiepflanzen wie Zuckerrohr, Mais, Ölpalmen oder Iatropha zu sichten und zu erwerben. Die nun spürbare Zurückhaltung hat mehrere Gründe. Neben fehlendem Geld aufgrund der Finanzkrise kommt hier noch der derzeit niedrige Rohölpreis von knapp 76 Dollar pro Barrel ins Spiel, da Investitionen in die Produktion von Agrosprit erst ab einem Preis von 100 Dollar pro Barrel Rendite abwerfen.5
Konkurrenz von Teller und Tank
Bedeutsamer für die Agrospritproduzenten ist jedoch das Scheitern der Marketingstrategie, die ihr Produkt mit Hinweis auf dessen Regenerierbarkeit als besonders nachhaltig zu verkaufen suchte. Seit in den letzten Jahren die Preise für Grundnahrungsmittel explodierten und selbst die Weltbank 70 – 75% der Verteuerung zwischen Januar 2002 und Juni 2008 auf die Folgen der Agrotreibstoffproduktion zurück führt, schlugen Bäuer_innenorganisationen und NGO’s Alarm. Sie machten die Öffentlichkeit auf die mit dieser Entwicklung verbundene Verelendung der globalen Armutsbevölkerung aufmerksam. Aus dem nachhaltigen ‚Biosprit’ wurde ‚Agrosprit’ und die mit der ‚Konkurrenz von Teller und Tank’ prägnant beschriebene Situation gelangte über Misereor bis in die Anhörung des Bundestages.6 Dieser entschied dann am 23. April – entgegen früheren Ankündigungen und nach Meinung der Lobby der Agrospritproduzenten auch nicht ganz unbeeindruckt von den Warnungen ihrer Kritiker – die Beimischungsmenge von Agrotreibstoffen zu herkömmlichen Benzin oder Diesel für dieses Jahr rückwirkend von 6,25% auf 5,25% zu verringern und sie von 2010 bis 2014 bei 6,25% einzufrieren.7
Wie vorsichtig die Branche mittlerweile geworden ist, belegt ein Blick auf die Webseite des deutsch-israelischen Agrospritproduzenten Flora Eco Power. Die letzte Pressemitteilung auf der hauseigenen Nachrichtenseite datiert vom 24.08.2009 und die letzte Pflanzung geschah nach dieser Quelle im April 2008 in Äthiopien. Dort wurden auf einer Fläche von 15.000 Hektar in der Oromia Region die Ölfrüchte austreibenden Castorpflanzen und Iatrophabüsche gesetzt. Mit Iatropha versuchte sich auch Flora Eco Power ein grünes Mäntelchen umzuhängen. So wird die Geschichte von der genügsamen Ölsaat verbreitet, die problemlos überall wachse und somit nicht mit der Anbaufläche für Nahrung konkurriere.8 Wissenschaftlichen Überprüfungen halten diese Behauptungen nicht Stand. Untersuchungen an der Universität in Berkely oder dem niederländischen Informationscenter FACT gehen davon aus, dass ein großflächiger Anbau von Iatropha sehr wohl auf ‚besseren’ Boden angewiesen ist und zumindest einen jährlichen Niederschlag von 1000 bis 1500 mm pro Hektar benötigt.9 Aber selbst um offensichtliche Verstöße gegen den Naturschutz scheint sich Flora Eco Power nicht zu scheren. Schließlich liegen 87% des auf fünf Jahre gepachteten Landes in einem Elefantenschutzgebiet, das nach der für die Plantagen notwendigen Rodung der Wälder nicht mehr existieren wird.
Afrika im Blick der Branche
Auch andere europäische Firmen der Branche wie Sunshine Biofuel, Bioenergie International, Dagris, Socapalm oder Aurantia haben bei ihren Investitionen vorwiegend das subsaharische Afrika im Blick. Neben räumlicher Nähe, passenden klimatischen Bedingungen und noch auf der Kolonialzeit basierenden Beziehungen gibt es große Flächen günstig zu erwerbendes Land, das nach kapitalistischem Rechtsverständnis niemandem gehört. Ungefähr 70% der Landfläche Afrikas unterliegen dem Nutzungsrecht, das der Person bzw. der Personengruppe den Boden zuschreibt, die es gerade für ihren Zweck braucht. Schriftliche Verträge darüber existieren nicht, insofern kann die vom Landverkauf direkt betroffene Bevölkerung ihre Ansprüche nicht einklagen.
So erhoffen sich gerade Vertreter afrikanischer Regierungen über Landabgaben zugunsten der Agrospritproduktion das Geschäft der Zukunft. Bereits im Sommer 2006 gründeten 15 Regierungen die ‚Panafrikanische Vereinigung der Nichterdölproduzenten’, auch ‚Grüne OPEC’ genannt, und ließen über eines seiner Gründungsmitglieder, dem sengalesischen Präsident Wade, verkünden: „Unser Kontinent sollte sich dazu berufen fühlen, der wichtigste Lieferant von Biokraftstoffen zu werden. Dieser Schritt zur Entwicklung sauberer Energie liegt nahe, weil dafür große Flächen kultiviertes Land benötigt werden. Und da hat Afrika einen klaren Vorteil.“10
Nahrungsmittelrevolten verunsichern die Herrschenden
Ob Afrika diesen Vorteil im Sinne der dort Herrschenden wirklich hat, ist mittlerweile überaus fraglich. Die zahlreichen Aufstände gegen das ‚teure Leben’ in den letzten beiden Jahren – die meisten davon auf dem ‚schwarzen’ Kontinent – weisen auf einschneidende Veränderungen in der politischen Auseinandersetzung hin. Die Macht der autokratischen Regime Afrikas schwindet. Sie bricht sich an einer politisierten Bevölkerung, die mehr denn je bereit ist, mit allen Mitteln für ihre eigenen existentiellen Bedürfnisse zu kämpfen.
So zogen beispielsweise die DemonstrantInnen in den großen Städten von Burkina Faso mit der Parole ‚Wir konsumieren, was wir produzieren! Wir produzieren, was wir konsumieren!’ durch die Straßen.11 Bereits Ende Februar 2008 hatte es militante Proteste gegen die drastisch steigenden Lebensmittelpreise gegeben, bei denen Geschäfte, Tankstellen, Autos und Regierungsgebäude in Brand gesetzt wurden. Das Ganze kulminierte später in dem großen Generalstreik vom 8. und 9. April letzten Jahres, zu dem eine Koordination alter und neuer Gewerkschaften sowie sozialer Bewegungen aufgerufen hatte. Trotz Hunderten von Verhaftungen konnten die DemonstrantInnen dem Regime Campaoré Zugeständnisse abringen. Es wurden Preissenkungen und Preisfestsetzungen verkündet, die Importzölle für Nahrungsmittel gesenkt und ein Teil der strategischen Notvorräte in Umlauf gebracht.
Im Senegal reagierten zuerst die Verbraucherverbände auf die Erhöhung der Lebenshaltungskosten. Der Milchpreis hatte sich innerhalb weniger Monate verdoppelt und der Preis für einen Sack Reis war um das Anderthalbfache gestiegen. Nach der Verhaftung der beiden führenden Verbandsfunktionäre kam es zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen der Bevölkerung und den Sicherheitskräften. Aber auch hier sah sich die Regierung gezwungen, über die weitere Subventionierung von Grundnahrungsmitteln und von Gütern des täglichen Bedarfs sowie die verstärkte Sanktionierung von Spekulationsgeschäften auf die Proteste der Bevölkerung einzugehen.12
Marokko, Kamerun, Mauretanien, Mexiko, Elfenbeinküste, Ägypten, Haiti, Bangladesh, Somalia, usw. – die Welle der in diesen und noch weiteren Ländern erlebten Nahrungsmittelrevolten haben die politisch Verantwortlichen der reichen Industriestaaten verunsichert. In einer vom einflussreichen amerikanischen Center for Strategics and International Studies im Juli 2008 vorgelegten Untersuchung wird festgestellt, dass die gegenwärtige Situation wegen ihrer globalen Reichweite und dem Zusammenwirken verschiedener Faktoren nicht mit früheren Nahrungsmittelkrisen vergleichbar sei und aufgrund ihrer schwerwiegenden Folgen „eine strategische Bedrohung für die internationale Sicherheit“ darstelle.13
Mit den Aufständen der letzten beiden Jahre signalisierte die globale Armutsbevölkerung vor allem, eine weitere massive Einschränkung ihrer jetzt schon äußerst prekären Überlebensmöglichkeiten nicht so einfach hinzunehmen. Gerade die Geschäfte mit dem Land – aus welchem Grund auch immer sie getätigt werden – stellen einen solchen Eingriff dar.
Der Boden denen, die ihn nutzen
So sichert den BewohnerInnen im subsaharischen Afrika der mit dieser Ressource seit Jahrhunderten praktizierte Umgang überlebenswichtige Subsistenzmöglichkeiten. Er beruht auf dem Verständnis, dass denen der Boden ‚gehört’, die ihn gerade nutzen, und wird als informelles Nutzungsrecht unter Beaufsichtigung des Clans von Generation zu Generation weiter gegeben. Dieses Denken unterscheidet ein Stück Land auch nicht hinsichtlich seiner Fruchtbarkeit, sondern seines Gebrauches. Auf ‚schlechtem’ Boden Ziegen halten zu können oder dort Feuerholz sammeln zu können, erweist sich als genau so wichtig wie auf fruchtbarem Boden etwas anbauen zu können. Der Zugang zu einer Wasserquelle auf anderweitig nicht genutztem Grund bestimmt die Lebensqualität des ganzen Clans.
„Ich denke, das Land gehört einer großen Familie: von denen sind viele tot, einige leben und unzählige Mitglieder sind noch nicht geboren.“14 So umschrieb 1912 ein nigerianischer Chief vor dem West African Land Comittee treffend das Wesen des afrikanischen Landrechts und verdeutlichte so den Gegensatz, in welchem dies zum kapitalistischen Rechtsverständnis steht. Kolonisierung und der anschließenden Epoche nationaler Modernisierungen gelang es nicht, dieses originäre Recht aufzubrechen.
Die Landnahmen – von den lokalen Bäuer_innenorganisationen als ‚Landraub’ oder ‚Agrar-Neokolonialismus’ bezeichnet – versuchen das erneut. Doch derzeit liegen viele Transaktionen in der Warteschleife oder wurden gar zurückgerufen. Die Verkäufer haben Angst vor den wütenden Reaktionen ihrer eigenen Bevölkerung, die Aufkäufer sorgen sich trotz Hoffnung auf einen neuen Boom um die langfristige Sicherheit ihres Investments.
1 Vgl.: Madagascar: Andry Rajoelina annule le projet de Daewoo. 19.03.09. URL: http://www.Afrik.com. Stand 19.03.09.
2 Vgl.: Daewoo to cultivate land for free In: Financial Times, vom 19.11.2008.
3 Vgl.: Madagascar: Andry Rajoelina annule le projet de Daewoo. 19.03.09. URL: http://www.Afrik.com. Stand 19.03.2009. Zitat ebenda.
4 Vgl.: Weltweiter Wettlauf um Agrarland in Drittländern. In: Neue Zürcher Zeitung, vom 13./14.06.2009.
5 Vgl.: Pedersen, Klaus: Turbokolonialismus. In: Junge Welt, vom 28.04.2009.
6 Vgl.: URL: http://www.bundestag.de/Ausschüsse/a19/Anhoerungen/80 Erneuerbare Energien/.
7 Vgl.: Bundestag fährt Biosprit-Förderung runter. 24.04.09. URL: http://www.agrarheute.com. Stand 08.05.09.
8 Vgl.: URL: http://www.floraecopower.de. Stand 13.12.09.
9 Vgl.: The Gaia Foundation u.a.: Agrofuels and the Myth of the Marginal Lands. September 2008.
10 Vgl.: Schenk, Klaus: Ausgepresst für Agrosprit. Mai 09. Zitat ebenda. URL: http://www.welt-sichten.org. Stand 01.03.09.
11 Vgl.: Fritz, Thomas: Dem Weltmarkt misstrauen. Die Nahrungskrise nach dem Crash. Dezember 08. FDCL-Berlin (Hg.), S.3.
12 Vgl.: Pedersen, Klaus: Die weltweiten Hungerrevolten (Food Riots) 2007/2008, in: Z .. Zeitschrift Marxistische Erneuerung, Dezember 2008, Nr. 76, S.42 – 50.
13 Vgl.: Fritz, Thomas: Dem Weltmarkt misstrauen – Die Nahrungskrise nach dem Crash. S. 4.
14 Stamm, Volker: Bodenordnung und ländliche Entwicklung in Afrika südlich der Sahara. In: Afrika. Politik, Wirtschaft und Gesellschaft in Afrika südlich der Sahara. Jahrbuch 1995, S. 73.
Schlagworte: Agroimperialismus – Agrarneokolonialismus – Agrosprit – Madagaskar – Daewoo – Rajoelina – Ravalomanana – Biokraftstoff – Nahrungsmittelrevolten – Landnahme – Landraub – Burkina Faso –Senegal – Nahrungsmittelsicherung – Ölfrüchte – Iatropha – Panafrikanische Vereinigung der Nichterdölproduzenten – Subsistenzmöglichkeiten