Nach Francis Fox Piven und Richard Cloward1 geht die Linke zum größten Teil davon aus, dass konventionelle Massenorganisationen das richtige „Vehikel“ seien, um der Arbeiterklasse zur Macht zu verhelfen. Durch disziplinierte Massenaktionen der Unterprivilegierten könnten über kurz oder lang Zugeständnisse erzwungen werden, die wiederum die Voraussetzung für die weitere Ausdehnung der Organisationen bilden. Diesen Vorstellungen liege die Überzeugung zugrunde, dass formelle Organisationen der Arbeiterklasse als Machtinstrument dienen können und beruhen auf mehreren Annahmen:
- formelle Organisation ermöglicht die Koordinierung der politischen und ökonomischen Ressourcen einer großen Zahl von Menschen, die als einzelne weitgehend machtlos sind;
- sie erlaubt den intelligenten und strategischen Einsatz dieser Ressourcen im politischen Kampf;
- sie gewährleistet die zeitliche Kontinuität der Mobilisierung.
Diese drei Annahmen machen, laut Piven und Cloward, das Modell der in den Massen verankerten, dauerhaften Organisation aus, das die Versuche, Gruppen der Unterschicht politischen Einfluss zu verschaffen, bisher weitgehend geprägt hat. Die strategische Nützlichkeit dieser Organisationsform, ihre Effektivität als Machtinstrument, gilt als axiomatisch und wird nicht hinterfragt, schreiben Piven und Cloward2.
Sie belegen anhand verschiedener sozialer Bewegungen in den USA, dass die erreichten Erfolge nicht formeller Organisierung sondern allein massenhaftem Widerstand zu verdanken sind. Bürokratische Organisationen würden dagegen dazu tendieren, Militanz zu unterdrücken und mit dem Abebben der Bewegung wieder zusammenbrechen.
In Südafrika hat sich eine linke bürokratische Massenorganisation, der African National Congress (ANC), in einem jahrzehntelange Kampf an die Tröge der Macht gekämpft. Heute ist der ANC wahrscheinlich die einflussreichste linke Partei der Welt – und vertritt, wie die meisten heutigen sozialdemokratischen Parteien, eine neoliberale Politik. Der ANC ist aber mehr als eine schnöde sozialdemokratische Partei. Immer wieder wird er herausgefordert von sozialen und politischen Bewegungen und Forderungen der Linken und der Armen innerhalb und außerhalb der Bewegung, die er repräsentiert.
Die Herausforderer_innen haben teilweise immer wieder die Tendenz, selber bürokratische Massenorganisationen zu gründen. Jens Erik Ambacher und Romin Khan haben in ihrem im April 2010 erschienenen Buch „Südafrika – Grenzen der Befreiung“3 viele Mosaiksteine zusammengetragen, die das ambivalente Verhältnis der Aufstände der Armen auf der einen Seite und „mittelschichtsorientierte“ (auch wenn das Wort nicht einmal im Buch auftaucht) Organisationsversuche beschreiben. Diese Erfahrungen sollen im folgenden anhand dreier Bewegungen diskutiert werden: die Bewegungen gegen Privatisierung, die Landlosenbewegung und die Frauenbewegung. diskutiert werden. Hintergrund sind die Auseinandersetzungen um Organisierung anhand des Buches von Piven und Cloward. Weil die sozialen Auseinandersetzungen im heutigen Südafrika nicht ohne die Kämpfe gegen die Apartheid zu verstehen sind, ist ein kurzer historischer Überblick über die Kämpfe während den letzten 30 Jahren der Apartheid vorangestellt.
Die Rolle des ANC
Mit dem Wahlsieg des ANC 1994 ging bei den armen Schwarzen die Erwartung einher, dass es zu radikalen Umverteilungskonzepten und erheblichen Verbesserungen ihrer erbärmlichen materiellen Situation kommen werde. „Der Nährboden für derartige Hoffnungen bildeten die militanten Kämpfe von Gewerkschaften und Community-Organisationen seit den 80er Jahren sowie die sie begleitende »sozialistische« Rhetorik des ANC selbst“4. Für diejenigen, die die Politik des ANC in den 80er Jahren genauer verfolgen konnten, konnte dagegen „sein Einschwenken auf den Pfad der neoliberalen Orthodoxie keine allzu große Überraschung gewesen sein“5.
Da der ANC seit Anfang der sechziger Jahre verboten war, gab es offenen Debatten nur im Exil. In Südafrika kannte zwar jeder die Namen der historischen Führer der Bewegung, aber da sogar Fotos von ihnen verboten waren, hatten die meisten nach 1960 geborenen nie ein Foto von Nelson Mandela gesehen, geschweige denn irgend etwas von ihm gelesen. So gingen die strategischen Diskussionen innerhalb des ANC auch weitgehend an den Basisaktivist_innen vorbei, nur jene Kader, die in klandestine Strukturen eingebunden waren, konnten die Diskussionen innerhalb der Organisation überhaupt mitverfolgen. Und für diese war wiederum das wichtigste Informationsmedium die illegalisierte Exilzeitschrift Sechaba, die vom kommunistischen Flügel des ANC herausgegeben wurde und nicht unbedingt die realen Auseinandersetzungen wieder spiegelte, sondern ein typisches bolschewistisches Ideologieblättchen seiner Zeit war. So blieb es den meisten Schwarzen verborgen, dass sich im Exil neben einem marginalen panafrikanischen Flügel eine sozialdemokratische und eine leninistische Strömung die Politik des ANC bestimmten, der ANC selber eher leninistisch organisiert war6. Gleichzeitig gab es keinerlei Vorstellungen davon, dass weder in Schweden noch in der Sowjetunion (worauf die Strömungen sich jeweils bezogen) Peoples Power zur Realität gehörte.
Mit der radikalen Rhetorik, die in den Townships ankam, konnte der ANC darüber hinwegtäuschen, dass sein wichtigstes Ziel die Einbindung seines Personals in die herrschende Klasse war, was er dann auch seit 1994 unter dem Konzept der „National Democratic Revolution“ konsequent verfolgte.7
Kämpfe gegen die Apartheid (1960-1994)8
Von Sharpeville (1960) nach Soweto (1976)
Das Massaker von Sharpeville und die Illegalisierung von ANC und PAC Anfang der 1960er Jahre waren ein schwerer Schlag für die sozialen und politischen Strukturen des schwarzen Widerstands. Die politischen Führer saßen im Knast oder bauten im Ausland Exilorganisationen auf. Letztere wurden von Anfang an von osteuropäischen Organisationen unterstützt, später auch von westlichen NGOs. Die Unterstützung war aber nicht immer unbedingt ein Akt der politischen Solidarität, sondern in der Regel mit politischer Einflussnahme verbunden.
Im Land war die Situation der meisten Schwarzen geprägt von erbärmlichen Lebensbedingungen, die sich durch die Einführung der Passgesetze und der Forcierung der Homelandpolitik noch verschlimmerten. Die Gesetze der Apartheid zielten darauf, den schwarzen Menschen ihre Würde zu rauben: getrennte Busse, Bahnen, Strände, Wohnviertel, Schulen, Krankenhäuser wiesen in jedem Moment des Daseins auf die angebliche Minderwertigkeit der schwarzen „Rasse“ hin. Selbst die Liebe zwischen den „Rassen“ war verboten. Die Abschaffung dieser permanenten rassistischen Entwürdigung wurde von den meisten Menschen als noch drängender empfunden wie das Ende der materiellen Misere. Damit war die Hoffnung verbunden, dass letztere mit Aufhebung der Rassenschranken verschwinden würde. Das Erstarken der Black-Consciousness-Bewegung in den 1970er Jahren weist darauf hin.
Als 1976 das Regime das verhasste Afrikaans als Unterrichtssprache an Gymnasien für Schwarze verbindlich machen wollte, kam es in Soweto zur Explosion. Beim Aufstand der Schüler wurden etwa 600 Schwarze von Sicherheitskräften ermordet. Es kam zu monatelangen Protesten in ganzen Land. Umkhonto We Sizwe demonstrierte seine Handlungsfähigkeit durch eine Bombenkampagne.
Towship civics
In der Folgezeit entstanden zahlreiche soziale und politisch Strukturen in den Townships, Arbeiterheimen und Betrieben. Diese sogenannten „Township Civics“ zählten weltweit zu den beeindruckensten urbanen sozialen Bewegungen. Sie bildeten das organisatorische Rückgrat einer neuen Welle von Streiks und Unruhen, die das Land ab Anfang der 1980 erfasste. Viele Townships wurden für die Bullen zur No-Go-Area, manche wurden zeitweise vom Militär besetzt. Die Auseinandersetzungen drehten sich meist (wie heute immer noch) um Wohnungsmieten, Strom- und Wasserkosten. Der Gedanke, der Staat solle allen Südafrikaner_innen einen angemessenen Lebensstandard garantieren, entwickelte sich damals zu einer „Kultur des Nicht-Bezahlens“.
Diese „Kultur des Nicht-Bezahlens“ ist für die heutige Regierung immer noch eines der größten Hindernisse bei der Einführung einer marktkonformen „Kultur des Bezahlens“, denn der Widerstand gegen die Kommodifizierung der Grundversorgung sollte auch nach dem Ende der Apartheid 1994 nicht abebben9.
Um die Aktivitäten zu Bündeln wurde 1983 von etwa 400 Organisationen die United Democratic Front (UDF) als breites, nicht-rassengebundenes Oppositionsbündnisses gegründet, das unter anderem Basisinitiativen, Frauenrechtsgruppen, Gewerkschaften und kirchliche Gruppen umfasste. Im Unterschied zur Black Consciousness Bewegung wollte die UDF nicht allein die schwarze Bevölkerungsmehrheit organisieren, sondern umfasste auch weiße, indische und farbige Gruppen. Sie wurde rasch zum wichtigsten legalen, außerparlamentarische Oppositionsbündnis in Südafrika. 1985 hatte die UDF rund drei Millionen Mitglieder. Dazu zählten viele Prominente, unter anderem Erzbischof Desmond Tutu, Allan Boesak, der Präsident des Reformierten Weltbundes, Albertina Sisulu, Ehefrau eines bekannten politischen Gefangenen und die Schriftstellerin und bekannte Aktivistin Helen Joseph. Die UDF übernahm teilweise die Rolle des verbotenen ANC und nahm die Freedom Charter des ANC als Richtlinie an. Sie setzte sich für die Freilassung der inhaftierten ANC-Politiker ein, war aber formell nie mit dem ANC verknüpft und beteiligte sich nicht am bewaffneten Widerstand. Mit der Legalisierung des ANC 1990 verlor die UDF rasch an Bedeutung.
Zu den Aktivitäten der UDF gehörten Mietboykotte, Schülerproteste, Streiks und der Boykott des Drei-Kammer-Systems. Einzelne Organisationen innerhalb der UDF vertraten Ziele wie eine Aktion gegen die Wehrpflicht für weiße Männer (End Conscription Campaign). 1987, auf dem Höhepunkt ihres Einflusses, hatte die UDF rund 700 Mitgliedsorganisationen.
1985 schlossen sich 33 Einzelgewerkschaften mit ca. 450.000 Mitgliedern zum Dachverband Congress of South African Trade Unions (COSATU) zusammen, mit dem die Trennung zwischen gewerkschaftlicher und politischer Orientierung aufgehoben werden sollte. Ziel war der Aufbau eines nicht-rassistischen, nicht-sexistischen und demokratischen Südafrikas.
Wie auch schon nach der Gründung des UDF zwei Jahre vorher, kümmerten sich viele Militante aus den Townships und Betrieben, meist die aktivsten und militantesten, sich fortan eher um den Aufbau und Erhalt der Organisationen – angesichts der Repression10 eine schwierige und keineswegs ungefährliche Aufgabe. Dadurch kam es allerdings zu einem erheblichen Braindrain an der Basis. Direkte Aktionen gerieten mehr und mehr ins Hintertreffen.
Gleichzeitig verübte der aus dem Exil agierende ANC mit seinem militärischen Arm, dem Umkhonto we Sizwe, regelmäßig Anschläge auf militärische, staatliche und industrielle Einrichtungen. Auch vor zivilen Einrichtungen und Opfern wurde nicht halt gemacht, was dem ANC viele Sympathien kostete und zu erbitterten Diskussionen innerhalb der Bewegungen führte.
Bürgerkrieg
Während die große Mehrheit der Schwarzen im ganzen Land sich gegen die entwürdigenden Aparheidsbedingungen in den unterschiedlichsten Formen wehrte, festigte die 1975 gegründete Inkatha-Bewegung im Homeland KwaZulu mit Hilfe des Apartheitssystems ihre Macht: 1981 wurden die Polizei KwaZulus dem Inkatha-Regime übergeben (KwaZulu war das einzige nicht unabhängige Homeland Südafrikas, was über eine eigene Polizeitruppe verfügte), ab 1982 begann Inkatha mit dem Aufbau des „Youth Services Corps for Social Reconstruction“ (YSC), einer paramilitärischen Truppe junger Männer. Mit der paramilitärischen Trainingslagern in jeder Region KwaZulus wurden männliche Jugendliche für die Inkatha und ihren Kampf angeworben. Gleichzeitig führte Inkatha aggressive Rekrutierungskampagnen durch. Für Zivilangestellte und Lehrer in KwaZulu wurde eine Inkatha-Mitgliedschaft zur Bedingung für ihren Arbeitsplatzerhalt. Innerhalb des Homelands KwaZulu verkörperte Inkatha die Rolle eines autoritären Regimes 11.
An der University of Zululand (Ongoye) in der Nähe von Ulundi griffen im Oktober 1983 ca. 500 Inkatha supporters eine Demonstration gegen die Anwesenheit von Inkatha-Chef Buthelezi auf dem Campus an. Fünf ANC- bzw. UDF-nahe Studenten wurden ermordet. Der Zwischenfall, der als Ongoye Massacre in die Geschichte einging, markierte den Auftakt zu einem jahrelangen schwarz-schwarzen Bürgerkrieg zwischen Inkatha-Bewegung und ANC-Supportern, der vor allem von ersteren mit unerbittlicher Brutalität geführt wurde und ca. 30.000 Menschenleben forderte.
Ende der Apartheid
Gemeinsam mit der weißen Gewalt der Apartheid wurde dieser schwarz-schwarze Bürgerkrieg Auslöser massenhafter schwerer Traumatisierungen. Mit diesen erheblichen und anhaltenden psychosozialen Traumatisierungen sowie mit der fest verankerte soziö-ökonomische Marginalisierung und Verarmung der gesellschaftlichen Mehrheit ging die Apartheid-Ära 1994 zu Ende. sind die Belastungen, mit denen die Post-Apartheid-Ära von Anfang an belastet war.
Das Ende der Apartheid war ein historischer Kompromiss,: „politische Befreiung Südafrikas im Tausch gegen die Akzeptanz des ökonomischen, d.h. kapitalistischen, Status quo“12. Neben der Abschaffung der entwürdigenden Rassengesetzen – ein nicht zu unterschätzender Faktor – und einigen moderaten sozialen Verbesserungen für die Mehrheit13, waren individuelle Karriereschübe für eine Vielzahl von Personen im gesamten Allianzspektrum die greifbarsten Resultate: Mit der Einbindung seines Personals in die herrschende Klasse ist das wichtigste Ziel beschrieben, dass der ANC seit 1994 unter dem Konzept der „National Democratic Revolution“ verfolgt hatte. Die Interessen der Traumatisierten, der Marginalisierten und der Verarmten wurden an den Rand gedrängt14.
Der historische Kompromiss war ein Schlag ins Gesicht der Armen, der Basisaktivist_innen, aber auch der linken Bündnispartner des ANC15. Doch trotz vieler Konflikte und Auseinandersetzungen kann er weiterhin auf die Unterstützung der anderen Partner der regierenden Dreierallianz, der Kommunistischen Partei (SACP) und des Gewerkschaftsdachverbandes COSATU zählen. Dieses noch aus der Zeit des Anti-Apartheid-Kampfes stammende Dreierallianz ist bis heute – neben dem Kompromiss mit der weißen Kapitalfraktion – das Fundament, auf dem die Post-Apartheid-Ordnung aufgebaut ist.16
Viele Aktivist_innen, „also Menschen mit moralischer Integrität und Verständnis für die sozialen und wirtschaftlichen Zusammenhänge“17 wurden in den Staatsapparat eingesogen, bzw. waren froh, fortan ein staatlich garantiertes Einkommen und einen interessanten Job ergattert zu haben. Allerdings wurden sie in einen Staatsapparat eingesogen, der mit Ausnahme der Abschaffung der Apartheidsgesetzgebung, überhaupt nicht verändert wurde. Sie arbeiteten mit den verbliebenen Bürokraten des alten Regimes zusammen, deren Einsatz für das Apartheidssystem einfachheitshalber vergessen wurde18.
Gleichzeitig schwächte der ANC die Fülle von zivilgesellschaftlichen Community-Organisationen und kämpferischen Gewerkschaften, die das Rückgrat des Anti-Apartheidskampf in den 1980er Jahren gebildet hatten. Der ANC forderte sie auf, sich in die ANC-Strukturen einzugliedern bzw. sich dem neu gegründeten Dachverband South African National Civics Organsisation (SANCO) anzuschließen, der zum vierten Mitglied der „Dreierallianz“ werden sollte, aber innerhalb des Bündnisses randständig blieb. Heute ist die Hauptaufgabe des SANCO, den Einfluss des ANC auf die Zivilgesellschaft zu wahren19.
Mitte/ Ende der 1990er Jahre forcierte der ANC diese Einbindung der sozialen Bewegung in den Staat. Über finanzielle Zuwendungen wurden die formell organisierten und nun offiziell registrierten Gruppen in offiziellen Strukturen eingebunden und Teil des staatlich organisierten Entwicklungsmodell. Autonomie war gestern. Diese Entwicklung führte nach McKinley zum faktischen Zusammenbruch der ehemals breiten, in den Kämpfen der Arbeiter_innenklasse verankerten südafrikanischen Zivilgesellschaft20.
Trotzdem waren die entwicklungspolitischen Entscheidungen der Regierenden immer umkämpft. Oppositionelle Kräfte rekrutierten sich zu dieser Zeit häufig aus den unteren und mittleren Rängen von SACP, COSATU und teilweise auch SANCO. Oppositionelle innerhalb der Organisationen wurden aber von den politischen Führern massiv unter Druck gesetzt und nach und nach marginalisiert. Eine andauernde Schwächung der Basis aller drei Allianzpartner war die Folge, da viele Kritiker_innen desillusioniert austraten, während andere sich ruhig verhielten oder anpassten21.
Das eröffneten einen Raum jenseits der offiziellen Anti-Apartheidbewegung – die wirklich interessanten Entwicklungen fanden außerhalb der Allianz statt: Stadtteilbewegungen, Bewegungen gegen Stromabstellungen, Zwangsräumungen, Landumverteilungen und vieles mehr. In vielen TownshipsCommunity-Gruppen. Neuartige Formen des Protests, neue Identitäten, eine neue Form der Militanz entstanden. Bewegungen, die von keiner übergeordneten Theorie beeinflusst wurden22. entstanden unabhängige Netzwerke von
Soziale Kämpfe nach dem Ende der Apartheid 1994
Abschaltungen, illegale Verbindungen und Protest
Wie bereits oben angedeutet ist die „Kultur des Nicht-Bezahlens“ immer noch eines der größten Hindernisse bei der Einführung einer marktkonformen „Kultur des Bezahlens“23. Niemandem wollte einleuchten, dass Befreiung bedeuten solle, Mieten, Wasser oder Strom zu bezahlen. Gegen das Abstellen von Wasser und Strom
Als in den 1990er Jahren immer mehr Haushalte von der Strom- oder Wasserversorgung abgeschnitten wurden, schlossen sich viele Bewohner_innen sich wieder an die Versorgung an. Sie wehrten sich aber nicht nur, indem sie massenhaft die Zähler manipulierten oder überbrückten oder illegale Nebenanschlüsse legten, sondern begannen auch, sich über ihre Probleme auszutauschen. Dies führte zu kollektiven Widerstandspraktiken: Als Antwort auf das Abkoppeln von der kostenlosen Versorgung entstanden aus der individuellen Praxis, Anschlüsse illegal wieder in Betrieb zu setzen, neue Bewegungen.
In Rahmen der Wahlkampagne 2000 versprach der ANC allen verarmten Haushalten eine kostenlose Grundversorgung. Später wurde diese Grundversorgung auf monatlich 6.000 Liter Wasser und 50kWh Strom für die betreffenden Haushalte festgelegt. Diese Mengen waren völlig unzureichend, um die grundlegenden Bedürfnisse abzudecken, führten allerdings zu einer finanziellen Entlastung von 30 bis 35 Rand pro Haushalt24.
Der Staat reagierte auf den Widerstand gegen die Kommodifizierungslogik, „indem er versuchte, einen niedrigeren Überlebensstandard als Maßstab für die »Armen« durchzusetzen. Zu Angehörigen der sogenannten »zweiten Ökonomie« degradiert, sollen ihnen nur die allernötigsten Versorgungsleistungen zur Verfügung stehen… Die Vorstellung eines Lebens frei von Ungerechtigkeit und Ungleichheit soll so aus der im Kampf gegen die Apartheid entstandenen kollektiven Vorstellungswelt getilgt werden. Einzig die Auseinandersetzung um die Überlebensbedürfnisse der Armen soll noch möglich erscheinen – auf einem durch Marktlogik und fiskalische Zwänge strukturierten Feld“25.
Zur gleichen Zeit schlossen sich verschiedenen Basisgruppen zum Anti-Privatisierungs-Forum (APF) zusammen. Anfangs war APF nur ein informelles Treffen von Aktivist_innen. APF organisierte regelmäßig Massendemonstrationen von Arbeiter_innen und Einwohner_innen unter dem Motto: „Zerstört Zähler und genießt das Wasser. Die Regierung hat uns versprochen, dass Wasser ein Grundrecht ist. Aber jetzt sagen sie uns, dass unsere Rechte zum Verkauf stehen!“26 APF befreite die Strom- und Wasserversorgung von den teuren und unzuverlässigen Zählersystemen und propagieren Zugang zu einer zuverlässigen kostenlosen und ausreichenden Grundversorgung.
Die Antwort des Staates darauf war die Einführung von Prepaid-Zähler für Wasser und Strom. Mit dem Prepaid-Zähler wird der Zugang zu Wasser und Strom – über die kostenlosen Grundversorgung hinaus – nur noch nach Bezahlung möglich. Bei Nichtbezahlung gibt es für den Wasserversorger keinerlei Notwendigkeit mehr, mit den Kund_innen zu verhandeln. Stattdessen wird die Versorgungsleistung bis zur Zahlung einfach eingestellt. Damit wurden Widerstandsmöglichkeiten wie bspw. die eines Zahlungsboykotts effektvoll beschnitten.
Gleichzeitig wurden durch die Prepaid-Zähler verarmte Haushalte gezwungen, weniger zu konsumieren, indem sie sich selbst beschneiden. Wenn früher Mitarbeiter der Versorgungsbetriebe losziehen mussten, um – bisweilen unter Lebensgefahr und häufig erfolglos – Abschaltungen von Strom oder Wasser vornehmen zu müssen, erledigte das jetzt die Technologie. Und zwar wesentlich häufiger als in Zeiten der Apartheid27.
Die Konzentrierung des AFP auf die Strategie, die Zähler mittels eines Verfassungsgerichtsurteils aus dem Weg zu räumen, führte dazu, dass die Praxis des Wiederanschließens als kollektive Strategie vernachlässigt wurde, und das Umgehen der Zähler nur noch auf individueller Ebene erfolgte. So wurden die Bewegungen in eine technische Debatte hineingezogen und der Widerstand individualisiert28.
Doch nach wie vor sind die Versorgungsbetriebe gegen das illegale Abzapfen weitgehend machtlos: „Viele Bewohnerinnen und Bewohner, die legal an das Stromnetz angeschlossen sind, beliefern ihre Nachbarn auf illegalem Wege. Noch bevor unsere Techniker das Township verlassen haben, sind sie schon wieder am Netz,“ klagt ein Versorgungsunternehmen: „viele Einwohnerinnen und Einwohner lehnen es einfach ab, für diese Dienstleistung aufzukommen“. Illegale Nebenanschlüsse, Wiederinbetriebnahmen, manipulierte Zähler, Zählerüberbrückungen und das Anzapfen von Straßenlaternen sind bis heute weit verbreitete Praktiken. Im besonders verrufenen Stadtteil von Soweto, Alexandra, seien offiziell lediglich 16.000 Haushalte für die Stromversorgung registriert, der tatsächliche Verbrauch lasse aber auf 80.000 Haushalte schließen29.
Institutionalisierung des APF
Während in den ersten Jahren des Jahrhunderts die Kämpfe in den Communities30. intensiver und häufiger wurden, entwickelte sich das APF zu einer Institution mit gewählten Vertreter_innen, Gremienstrukturen, repräsentativen Komitees und angeschlossenen Mitgliedern. Trotz der traditionellen Organisationsform behielt es einen experimentellen Charakter. In der stetigen Suche nach der größtmöglichen basisdemokratischen Beteiligung seiner Mitgliedern mit ihren wechselnden Anliegen, Prioritäten und Bedürfnissen, befindet es sich in einem ständigen Wandlungsprozess. Konstante ist allerdings, dass das höchste Entscheidungsgremium des APF immer das größte und repräsentativste offene Gremium ist, nicht eine Gruppe gewählter Vertreter
Durch den offenen, demokratische und kollektive Ansatz, den das APF von Anfang an auf allen Ebenen etablierte, kamen auf einer gleichberechtigten Ebenen unterschiedliche Communities, Gruppen und Aktivist_innen zusammen, die in einem antagonistischen und subversiven Verhältnis gegenüber dem Kapitalismus stehen. Die kollektive Medienproduktion und Recherchearbeit hat z.B. neue Beziehungen zwischen Akademiker_innen, Student_innen und Community-Aktivist_innen hervorgebracht. Sie alle bilden eine Bewegung, die sich dafür einsetzt, eine Alternative zum Kapitalismus vorstellbar zu machen und aufzubauen31.
2001 begann die Organisation mit Hilfe von externen Spendern formale Strukturen zu schaffen, z.B. durch die Einrichtung von Büroräumen und die Einstellung zweier Vollzeitarbeitskräfte. Die Frage der organisatorischen Absicherung und des institutionellen Überlebens des APF rückten in den Vordergrund. Der Kampf wurde formalisierter, zu einem Eintrag im Terminkalender. Die Treffen haben ihre eigene Routine entwickelt. Das hat den Charakter vieler Aktivitäten und der Arbeit des Forums ebenso bestimmt wie die Beziehungen unter den Mitgliedern:
Einerseits führte diese Entwicklung zu größerer Effektivität von bestimmten Kampagnen und zu einer Effizienzsteigerung bestimmter Abläufe im APF. Andererseits führte sie dazu, dass einige wenige Mitglieder die Organisation als eine Möglichkeit zur Absicherung ihres eigenen Überleben gesehen haben.
Daraus entwickelte sich eine breite und notwendigen Debatte darüber, dass die Mehrheit der APF-Mitglieder arbeitslos ist, und Unterstützung benötigt, um ihre Grundbedürfnisse befriedigen und die Kontrolle über ihr Leben behalten zu können32.
Als Reaktion auf dieses Thema wurde bei der jährlichen Vollversammlung im Jahr 2006 eine Projektkoordination gewählt, deren Aufgabe zunächst darin bestand, Möglichkeiten für den Aufbau einkommensgenerierender Projekte in Mitglieds-Communities zu erkunden, z.B. durch die kollektive Community-Produktion von Waren und Dienstleistungen, deren Überschüsse unter ihren Mitgliedern aufgeteilt werden. Diese Projekte am Leben zu erhalten, erwies sich in der Praxis als extrem schwierig und die Gruppen blieben abhängig von den Zuwendungen ihrer Sponsoren. Die Zwänge, die Grundbedürfnisse seiner Projektmitglieder zu sichern sowie die Vorstellungen der Zuwendungsgeber führten dazu, dass zunehmend auf dem Terrain des unmittelbaren Überlebens agiert wurde. Ideen und Ansätze in Bezug auf kollektive Produktions- und Lebensverhältnisse wurden durch die Anforderungen, die das Überleben in einer vom Markt getriebenen und individualistischen Welt stellt, eingeengt und dominiert. Es fehlten Ideen um Wege zu finden, die Marktwirtschaft subversiv zu unterlaufen bzw. herauszufordern oder auch nur auf kollektive Art und Weise zu nutzen33.
Der Umgang mit Sponsoren erwies sich generell als heikel. Zwar begegnen die Mitglieder des APF Sponsoren mit kritischer Akzeptanz und bestehen auf die politischer Unabhängigkeit des APF. Doch unabhängig davon, wie aufgeschlossen die Sponsoren sich geben und wie sehr sie sich aus dem Tagesgeschäft heraus halten, durch ihr bloßes Dasein als Spender beeinflussen sie die organisatorische Form, den Charakter und auch die Praxis der Bewegungen. So tragen sie zur Formalisierung organisatorischer Praktiken und Aktivitäten bei und befördern eine Logik der Beschränkung und Zurückhaltung bei Aktionen. Gleichzeitig wurde wenig Zeit darauf verwendet, alternative Möglichkeiten zu erproben, die organisatorische Nachhaltigkeit und kontinuierliche Arbeit jenseits der Finanzierung durch Spender sicherzustellen34.
Für die Individuen eröffnet die einfache Tatsache, dass selbstorganisierte Gruppen ihre Communities wieder an die Wasser- und Stromversorgung anschließen, die Möglichkeit, in kollektiven Handlungen von Verweigerung und Kreativität zusammen zu kommen. Naidoo beschreibt, wie organisierte Linke innerhalb der AFP versuchten, diese Kämpfe um die materiellen Bedürfnisse „in viel mehr zu übersetzen“: „Indem sie den »Organisationsaufbau«, die »politische Bildung« oder »den Aufbau einer Partei der Arbeitermassen« zur Priorität erheben, vernachlässigen diese Gruppen und Aktivist_innen die tatsächliche Produktion von Wissen, die in den Kämpfen stattfindet.“ Stattdessen versuchen sie, „dem Massen“ ihre eigenen sakrosankten Avantgarde-Konzepte aufzuzwingen.
So wurde beispielsweise die Militanz und das Bewusstsein, die sich in der Praxis ausdrückt, die Zähler wieder anzuschließen oder sie zu umgehen, nicht wahrgenommen. Stattdessen konzentrierte sich die Diskussion in den Bewegungen darauf, wie diejenigen, die die Leitungen wieder anschlossen bzw. die Zähler umgingen, „politisiert“ werden und „ihr Bewusstsein erweitert werden könnte“, um sie in politische Organisationen einzubinden, deren Aufgabe es dann sei, ein anderes System zu erkämpfen.
Obwohl die Praxis des Wiederanschließens „das Potenzial für Selbstorganisierung in der Arbeiterklasse“35 zeigt, ist kaum Zeit und Energie darauf verwendet worden, dieses Potenzial kollektiv zu verstehen, zu definieren und weiterzuentwickeln. Für einige der mit dem APF verbundenen Mitgliedsorganisationen ist dieses Potenzial einem umfassenderen Kampf untergeordnet, durch den die staatliche Macht errungen und sozialistische Praktiken in allen gesellschaftlichen Institutionen umgesetzt werden sollen. Dadurch bleibt das Potenzial für Selbstorganisierung und die autonome Entwicklung von nicht-kommerzialisierten Produktions- und Sozialbeziehungen unausgeschöpft36.
Darüber hinaus neigt APF dazu, sich auf eine Auseinandersetzung mit dem Staat zu konzentrieren, Forderungen an die Kommunen zu stellen oder den Rechtsweg zu beschreiten. Auch wenn diese spezifischen Strategien ihre Berechtigung zu haben scheinen, haben sie doch dazu geführt, dass APF seine Forderungen nach Gleichberechtigung und Gerechtigkeit durch Umverteilung innerhalb der neoliberalen Rationalität des Staates vorbringt. Die Auseinandersetzung wird damit von direkten Aktionen hin zu Engagement im Rahmen der Gesetzgebung verlagert37.
Bei dieser Prioritätensetzung sind die weitreichenden Forderungen nach unmittelbarer und kollektiver Kontrolle über die Grundversorgung genauso verloren gegangen wie das Potenzial, dass innerhalb der Bewegungen für die Entwicklung eines subversiven, antagonistischen und antikapitalistischen Lebens existiert38.
Die offene Struktur des APF hatte es dabei bestimmten politischen Gruppierungen, die sich selbst in der Rolle der Avantgarde sehen, leicht gemacht, organisatorische Verfahrensweisen und Abläufe zu manipulieren und zu missbrauchen, um ihre bevorzugte Art der Analyse und der Auseinandersetzung durchzusetzen. Dadurch hielten sie das APF und seine Mitglieder lange Zeit in Auseinandersetzungen verstrickt, die einzig und allein innerorganisatorische Querelen und Auseinandersetzungen zum Thema hatten. So wurde deutlich mehr Zeit in Versammlungen verbracht als auf den Straßen.
„Das APF ist gerade erst dabei, sich von dieser Phase zu erholen. Durch diese Auseinandersetzungen hat das APF seine organisatorische Form erneut verändert: es hat alle Unterkomitees aufgelöst und in ein Organizer-Forum überführt, das Kampagnen auf der Grundlage der Bedürfnisse und Kämpfe der APF-Mitglieder entwickelt“39.
Landless People’s Movement (LPM)
Im Jahr 2001 wurde in Durban der nationale Verband der Landlosenbewegung, Landless People’s Movement (LPM), gegründet, um die Aktivitäten der Landlosenbewegung in den verschiedenen Kommunen und Provinzen zu bündeln. Mit zunehmender Bedeutung des LPM verstärkten sich die internen Auseinandersetzungen. Die meisten NGOs, die Teil der Bewegung waren, forderten Entschädigung für Vertreibungen und Umverteilung im vom Staat durchgesetzten Rahmen, weil sie auf das Gute im ANC setzten. Da die Mehrheit aber sich für eine agonistische Haltung dem Staat gegenüber aussprach, kam es 2003 zum Bruch. Auf die LPM wirkte sich dieser Bruch durch das ausbleiben finanzieller Mittel aus40. Landesweit zu koordinierende Initiativen konnten nicht mehr durchgeführt werden und eine Abstimmung der verschiedenen lokalen Initiativen über gemeinsame Vorstellungen fand noch kaum statt.
Die Basisinitiativen blieben weitgehend von den lokalen Strukturen vor Ort abhängig. Die spontanen Kämpfe gegen Räumungen vor Ort stärkten aber ein gemeinsames Bewusstsein, und brachten die Bereitschaft zum Ausdruck, gemeinsam zu kämpfen. Der individuelle Überlebenskampf formte kollektive Identitäten. Doch mit dem Wegfall der unmittelbaren Bedrohung und der Veränderung der sozialen Praxis verfielen die Gruppen häufig wieder. „Viele Betroffenen zogen sich in ihren persönlichen Überlebenskampf zurück, während die Übriggebliebenen versuchten, über Organisations- und Kaderbildung einen Weg durch die Mühen des Kampfes zu finden. Die Organisation wurde zu einer bloßen Hülle, die nicht mehr in der Lage war, zu einer Erneuerung von Gruppenpraxis und sozialen Beziehungen beizutragen“41. Heute arbeiten einige Basisinitiativen als LPM weiter zusammen, andere haben eigenständige Organisationen gegründet.
Erschwerend kommt hinzu, dass die Aktivitäten der Landlosen häufig mit staatlicher Repression beantwortet werden. Die gewalttätigen staatlichen Reaktionen auf die Aktivitäten der LPM weisen darauf hin, dass das LPM die Regierung auf ihrem eigenen Terrain getroffen hat, weil sie die Themen der durch den befreiungsnationalistischen Diskurs ausgegrenzten Gruppen – die Landlosen – auf die Agenda gesetzt hatte. So ist es ihr gelungen, die vom ANC behaupteten Interessen vereinheitlichende Konstruktion der „Nation“ in Frage zu stellen.42
Greenberg beschreibt diese Prozesse recht anschaulich, allerdings – im Gegensatz zu Naidoo – nicht aus der Perspektive des Basisaktivismus sondern aus der Perspektive des linken Wissenschaftlers, der nicht nur von der linken Prämisse der Wichtigkeit formaler Organisationen sondern auch von der „Zentralität des Staates“ überzeugt zu sein scheint. Er setzt den Niedergang der formalen Organisierung mit dem „Niedergang der Bewegung“ gleich, ohne die entscheidende Frage überhaupt zu stellen, geschweige denn zu beantworten: In wieweit konnten die Aktivitäten der LPM und anderer Basisgruppen das Klima zu Gunsten von Landbesetzungen positiv beeinflussen und wie viele Menschen wurden durch den Kampf mit Land versorgt?
Dessen ungeachtet finden Landbesetzungen weiter statt, eine Praxis die von den Armen als legitim angesehen wird.
Frauenbewegung
Die internen Machtverhältnisse wurden innerhalb der neuen sozialen Bewegungen, die seit 1994 entstanden sind, kaum thematisiert. Die meisten Mobilisierungen beruhen zwar auf der Mobilisierung von Frauen auf der Grundlage ihrer praktischen Bedürfnisse (z.B. Strom, Wasser, Land; Wohnraum), haben diese aber selten mit Themen wie der geschlechtlichen Arbeitsteilung oder sexistische Gewalt verknüpft. Interne Spannungen aufgrund von Rasse oder Gender wurden selten aufgegriffen, männlich soziale und kulturelle Macht kaum hinterfragt. Z.B. sind mehr als die Hälfte der Aktivistinnen im AFP Frauen, „doch die Stimmen der Männer dominieren“43.
Bürgerliche Frauen-NGOs dagegen greifen selten die Bedürfnisse Armer Frauen auf.Die Advocacy-Akteure, Netzwerke und Koalitionen der Frauenbewegung sind in den staatlichen politischen Prozess eingebunden und wenden meistens Taktiken an, die nicht auf Massenmobilisierung oder Konfrontation setzen. Sie benutzen lediglich gelegentlich den Druck von unten, um politische Fragen auf die Agenda zu setzen, doch die Notwendigkeit, sich im politischen Spiel zu behaupten, wirkt schnell gegen die Aufrechterhaltung von Verbindungen nach „unten“.
So führte die Integrationspolitik einerseits dazu, dass in Auseinandersetzungen mit staatlichen Autoritäten ihnen auf der andern Seite nicht selten ihre ehemaligen Mitstreiterinnen gegenüber sitzen44. Andererseits wurden jene Formen der Politik vernachlässigt oder sogar marginalisiert, „die auf eine grundlegende Transformation von Machtverhältnissen zwischen den Geschlechtern in der Ökonomie und der Gesellschaft abzielen“45. Das hat laut Schäfer (S. 83) drei wichtige Auswirkungen auf die Frauenbewegung:
- Die Schaffung einer Reihe spezialisierter Institutionen verschob die Probleme von Geschlechterungleichheiten aus dem Bereich der Politik in die „Sphäre technischer Verfahren“. Diese Probleme wurden so zu „Gefangenen in institutionelle Verfahren und systembedingten Blockaden, die von außerhalb der Bürokratie schwer zu knacken sind“.
- Die wenigsten Frauenorganisationen kämpfen noch gegen die kulturellen Normen und Alltagspraxen, die die Umsetzung und Auswirkungen legislativer Reformen begrenzen.
- Maßnahmen gegen die Armut bleiben meist wirkungslos.
Dadurch ist die Kluft zwischen der städtischen Elite einerseits und der Marginalität armer Frauen in den letzten Jahren stetig gewachsen.46
Nationale Befreiung und sozialer Widerstand
„Heute sind die Befreier an der Macht und der Befreiungsnationalismus vermag es noch immer, die Massen zu mobilisieren. Gleichzeitig müssen wir einsehen, dass der Versuch, den Staat oder den Nationalismus als Waffe im Kampf für Umverteilung einzusetzen, angesichts des globalen Kapitalismus nicht mehr aufgeht“47. Die linken Kräfte außerhalb der Dreierallianz werden heute sogar von den immer noch als links geltenden SACP und COSATU weitgehend ignoriert und in einigen Fällen aktiv bekämpft. Trotzdem halten viele – auch radikale Aktivist_innen dem ANC noch eine ambivalente Treue. Zackie Achmat, langjähriger TAC-Aktivist48, beschreibt, dass die meisten Mitglieder des TAC gleichzeitig ANC-Unterstützer waren. „Diejenigen die kämpfen fühlen sich, als würden sie in ihrer eigenen Familie kämpfen. Du führst einen Bürgerkrieg gegen deine Mutter und deinen Vater, und du führst einen Bürgerkrieg gegen die Partei“49. Achmat ist trotz erheblicher Kritik immer noch Mitglied des ANC und begründet das damit, dass er eine Partei wie dem ANC nicht ohne zu kämpfen Leute überlassen wird, die korrupt sind und kein Herz haben. Außerdem sei der ANC die einzige Partei sei, die in der Lage sei das Land zusammen zu halten. Auch habe der ANC den Schwarzen Menschen ihre Würde zurück gegeben. „Die Bedeutung dieser Würde lässt sich gar nicht ermessen!“50
Währenddessen wendet sich die Große Masse offensichtlich von der Regierungspartei ab51. Bereits bei den Parlamentswahlen 2004 stimmten nur noch 38% der Wahlberechtigten für den ANC (bei einer Wahlenthaltung von 44%), bei den Parlamentswahlen 2009 waren es nur noch 32% (bei einer Wahlenthaltung von 50%) und bei den Kommunalwahlen 2006 sogar nur 25,4% der Wahlberechtigten (bei einer Wahlenthaltung von 62%)52.
Die per Gesetz und Gewalt durchgesetzte systematische Exklusion der schwarzen Bevölkerungsmehrheit während der Apartheid findet heute in Gestalt eines Strukturellen Gewaltverhältnisses für viele Menschen ihre Fortsetzung. Südafrika verteidigt seine Spitzenplatz unter den Nationen, deren Einkommensverteilung die höchste Ungleichheit aufweist. Die durchschnittliche Lebenserwartung hat sich im Zuge der AIDS-Krise von 1990 bis 2007 um 13 Jahre verringert. Über eine Millionen Farmarbeiter wurden im gleichen Zeitraum von den Farmen vertrieben53.
Der rassistisch vorgeprägte Kapitalismus hebt den Lebensstandard der weißen Arbeiter_innen und des neuen schwarzen Mittelstandes. Rassimen, Sexismen und die „Toyotisierung“ der modernen Industrie fördert die Fraktionierung der Arbeitenden, gleichzeitig herrschen in vielen ländlichen Teilen Subsistenzbedingungen. „Ideologische“ Einrichtungen wie das aus dem Apartheidssystem entwickelte Schulsystem und kapitalistische Medien untermauern die bürgerliche ideologische Hegemonie. Es kann zwar nicht mehr von einer getrennten Entwicklung im Sinne der Apartheid gesprochen werden, aber sehr wohl von einer ungleichen Entwicklung im Sinne des Neoliberalismus.
Die Macht der Armen im heutigen Südafrika wird begrenzt bleiben, so lange sie sich den Normen des politisch-parlamentarischen Systems anpassen. Für die Armen sind die einzig brauchbare politischen Instrumente Protestaktionen, die bewusst politische Normen verletzten, sich nicht einfach als Taten von Störenfrieden und Dummköpfen abqualifizieren lassen54, wie APF oder Landless People’s Movement (LPM) gezeigt haben: nicht der formellen Organisierung, sondern dem massenhaften Widerstand sind die erzielten Erfolge zu verdanken. Dabei mussten sich die Aktivisten immer wieder gegen Erstarrungstendenzen und die Herausbildung interner Machtstrukturen wehren, die dazu neigen Militanz zu unterdrücken, wie es auch Piven und Cloward beschrieben haben.
Als Gegenbeispiel könnte die Treatment Action Campaign (TAC) gelten, die „nicht nur nur einen außerparlamentarischen Kampf führt, sondern auch die demokratischen politischen Institutionen als Arenen begreift, in denen um eine Kursänderung in der Aids-Politik gestritten werden muss“55. Mbali, die selber auf dem Ticket als AIDS-Aktivistin Karriere gemacht hat und heute in Yale lehrt, stellt sich diesen Fragen aber erst gar nicht. Zweifellos hat der TAC, der sich früh mit Anti-Arpartheidsaktivisten und linken Kräften der Dreierallianz verbündete, zu einer Veränderung des politischen Klimas im Land beigetragen. Naidoo hat darauf hingewiesen, dass der Staat auf einem durch Marktlogik und fiskalische Zwänge strukturierten Feld die Auseinandersetzung um die Überlebensbedürfnisse der Armen zulässt56. Wieweit aber die Vorstellung eines Lebens frei von Ungerechtigkeit und Ungleichheit in den demokratischen politischen Institutionen und den linken Kräften der Dreierallianz Widerhall finden, sei dahingestellt.
Damit sollen die praktischen Verdienste des TAC auf keinen Fall geschmälert werden, die nur erreicht wurden, weil der TAC diese Doppelstrategie von außerparlamentarischen Kampf und institutionellem Engagement gefahren ist. Solche Doppelstrategien leben davon, dass sie an bestimmten Punkten praktische Verbesserungen der Lebensbedingungen mit sich bringen, was nicht gering zu schätzen ist57.
Auf jeden Fall haben die sozialen Kämpfe von unten die kulturalistische Idee der „Regenbogenation“ zerstört. Dadurch entsteht allmählich – auch wenn das ein schwieriger Prozess ist – eine neue radikale Subjektivität der Armen, die über die rassistischen Zuschreibungen der Apartheid hinausweist. „Südafrika revoltiert noch immer und die Menschen erkennen wieder einmal, dass sie Geschichte machen können, sogar gegen ihre eigenen Anführer, die sich mit ihrer Kampfgeschichte schmücken. Dass ein Großteil der Armen die aktuelle Situation als Verrat an den Befreiungsideen betrachtet, und viele bereit sind, ihren Protest gegen die herschende Klasse auf die Straße zu tragen, ist die für mich wichtigste Entwicklung der jüngeren Vergangenheit,“ betont Ashwin Desai (S. 159). Stephen McKinley (S. 40) geht davon aus, dass der politische Raum, der sich in über die letzten Jahre als Folge unzähliger Kämpfe der leidenden, verarmten Communities geöffnet hat, auch in der Zukunft Chancen für echte Opposition und Alternativen bieten wird.58
Angesichts des harten Alltags ohne Zugang zur Grundversorgung jenseits der Marktwirtschaft stehen die Bewegungen heute vor der Herausforderung, neue Widerstandsformen gegen die staatlichen Formen der Kontrolle und Regulierung zu entwickeln – Widerstandsformen, die individuelle Kämpfe um das Überleben kollektivieren. Dabei ist die „Kultur des Nicht-Bezahlens“, die sich vor allem in dem anhaltenden Boykott der Miet-, Strom-, und Wasserkosten äußert, Dreh- und Angelpunkt der Auseinandersetzungen.
Die Herausforderung für neue soziale Bewegungen besteht laut Naidoo darin, den Forderungen nach einem Leben Nachdruck zu verleihen, in dem die Wünsche der Menschen wieder ins Blickfeld rücken59. Dabei werden sie sich den drei zentralen Herausforderungen stellen müssen, die in Südafrika die Perspektive auf Befreiung verstellen:
- Armut
- Sexistische Gewalt (das Thema wird im Buch leider nur am Rande behandelt)
- Xenophobie und rassistische Gewalt
Zumindest der Kampf um die letzten beiden Punkte wird auch innerhalb der Bewegungen auszufechten sein.
Zeittafel der Apartheid 1948-1994
1948 Einführung der Politik der Apartheid, die radikale rassistische Trennung der südafrikanischen Gesellschaft, nach dem Wahlsieg der National Party (NP)
1955 Verabschiedung der Freiheitscharta
1959 Der Pan Africanist Congress (PAC) spaltete sich radikale panafrikanisch orientierte Gruppe vom ANC ab
1960 Bei einem Massaker in Sharpeville wurden bei einer PAC-Demo 69 demonstrierende Schwarze von der Polizei erschossen. Die Regierung erließ für einige Monate den Ausnahmezustand, ANC und PAC wurden verboten, die Widerstandsstrukturen gehen in den Untergrund. Der ANC gründet Umkhonto We Sizwe („Speer der Nation“) als bewaffneten Arm und geht zum bewaffneten Kampf über.
1962 Mehrere ANC-Führer (u.a. Nelson Mandela) wurden verhaftet. Mit der Verurteilung wichtiger Führer des ANC oder deren Flucht ins Exil, gelang es Pretoria, den Widerstand für mehrere Jahre zu schwächen. Es entstanden aber rasch neue, meist lokale Zusammenhänge. Überörtliche Bedeutung hatte vor allem die Black-Consciousness-Bewegung, die durch die Black-Power-Bewegung der Schwarzen in den USA inspiriert wurde.
1970 Durch den Black Homelands Citizenship Act wurden alle schwarzen Südafrikaner zu Bürgern eines sogenannten Homelands (auch BantustanHomelands“ Transkei, Bophuthatswana, Venda, und später auch die Ciskei zu unabhängigen Staaten erklärt (aber sie von keinem anderen Staat der Welt anerkannt). KwaZulu, Gazankulu, Lebowa, KaNgwane, South Ndebele and QwaQwa erhielten einen teilautonomen Status, wurden aber nie formell unabhängig erklärt (siehe Karte). genannt). In Südafrika wurden die „
1975 Die Strukturen der kulturellen Organisation der Zulu in KwaZulu schlossen sich zur Inkatha-Bewegung zusammen. Ihr Führer wurde Mangosuthu Buthelezi. Die Inkatha-Bewegung verstand sich als antikommunistisch und Alternative zum ANC Sie arbeitete mit dem Apartheid-Regime zusammen. Buthelezi wurde durch die Konrad-Adenauer-Stiftung unterstützt.
1976 Beim Schüleraufstand von Soweto ermordeten Sicherheitskräfte etwa 600 Schwarze. Daraufhin kam es zu monatelangen Protesten in ganzen Land. Umkhonto We Sizwe demonstrierte seine Handlungsfähigkeit durch eine Bombenkampagne. Ausgangspunkt der Proteste war, dass das Regime das verhasste Afrikaans als Unterrichtssprache an Gymnasien für Schwarze verbindlich machen wollte.
1977 Steve Biko, Protagonist der Black-Consciousness-Bewegung, wurde im Polizeigewahrsam ermordet.
1983 Eine Welle von Streiks und Unruhen erfasste das Land, viele TownshipsUnited Democratic Front (kurz UDF; deutsch: „Vereinigte Demokratische Front“) als breites, nicht-rassengebundenes Oppositionsbündnisses. wurden vom Militär besetzt. Gründung der
1983 Bei einer Demonstration an der Universität von KwaZulu (Zululand) wurden fünf ANC-Supporter ermordet. Das war der Auftakt zu einem jahrelangen Bürgerkrieg zwischen Inkatha-Bewegung und ANC-Supportern, der ca. 30.000 Menschenleben forderte.
1985 Ausrufung des nationalen Ausnahmezustands (bis 1990).
1985 Zusammenschluss mehrerer Gewerkschaften zum Congress of South African Trade Unions (COSATU), dem größten südafrikanische Gewerkschafts-Dachverband. Heute ist COSATU Teil der regierenden Dreierallianz.
1990 Das Verbot von ANC, PAC, SACP sowie anderer verbotener Gruppen wurde aufgehoben und politische Gefangene (u.a. Nelson Mandela) freigelassen. Regierung und ANC verhandelten über einen friedlichen Übergang zur Demokratie und eine neue Verfassung.
1991 Ein Allparteien-Kongress bereitete eine Konstituierende Nationalversammlung vor. Wichtige Apartheidsgesetze, (z.B. der Group Areas Act, die Land Acts sowie der Population Registration Act) wurden ersatzlos gestrichen.
1994 Das offizielle Ende der Apartheid: Bei den ersten Wahlen unter Beteiligung der schwarzen Bevölkerungsmehrheit siegte der ANC und erhielt 62,6 Prozent der abgegebenen Stimmen. Eine Übergangsverfassung trat in Kraft, Nelson Mandela wurde der erste schwarzer Präsident Südafrikas. Die National PartyInkatha-Bewegung entstandene Inkatha Freedom Party (10,5 Prozent) wurden in die Regierung eingebunden. Dadurch gelang es weitgehend, die von Inkatha und von weißen Rechtsextremisten ausgehenden Gewaltausbrüche zu beenden. (20,4 Prozent) und die aus der
1Piven, Francis Fox/ Cloward, Richard; Aufstand der Armen; Frankfurt/M. 1986
2Piven/ Cloward a.a.O. S. 14
3In Kürze erscheint eine Rezension auf izindaba.info
Weitere Rezensionen unter:
http://www.assoziation-a.de/rezension/Suedafrika_Grenzen_der_Befreiung.htm
4McKinley, Dale T.; Ein Schritt vorwärts, zwei Schritte zurück; Südafrikas African National Congress und die Dreierallianz seit 1994; in: Ambacher, Jens Erik/ Khan, Romin (Hrsg.); Südafrika – Die Grenzen der Befreiung; Berlin/ Hamburg 2010; S. 29
5McKinley a.a.O. S. 30
6Vgl. Gespräch mit Zackie Achmat; »Du kämpfst einen Bürgerkrieg gegen deine Mutter und deinen Vater, du kämpfst einen Bürgerkrieg gegen deine eigene Partei«; in: Ambacher, Jens Erik/ Khan, Romin (Hrsg.); Südafrika – Die Grenzen der Befreiung; Berlin/ Hamburg 2010; S. 120
7Ambacher, Jens Erik/ Khan, Romin; Einleitung; in: Ambacher, Jens Erik/ Khan, Romin (Hrsg.); Südafrika – Die Grenzen der Befreiung; Berlin/ Hamburg 2010; S. 11
8Zum besseren Verständnis ist dem Artikel eine kurze Chronik angefügt, siehe unten.
9Naidoo, Prishani; Leben oder Überleben?; Kämpfe um Grundversorgung im Post-Apartheid-Südafrika; in: Ambacher, Jens Erik/ Khan, Romin (Hrsg.); Südafrika – Die Grenzen der Befreiung; Berlin/ Hamburg 2010; S. 144f.
10Zahlreiche Aktivisten wurden verhaftet. Zu den Methoden des so genannten schmutzigen Krieges des Apartheidsregimes gehörten unter anderem Folter, politischer Mord, Erpressung und die Inszenierung von Terroranschlägen.
11Mathy, Smilo; Systemwechsel in Südafrika – Interessen, Strategien und Einfluss der Inkatha-Bewegung im südafrikanischen Transformationsprozess; http://www.ruhr-uni-bochum.de/iee/publ/mat/pdf/mat_167.pdf; 1998
12McKinley a.a.O. S. 30
13Beispielsweise stieg die Zahl der Haushalte, die an das Stromnetz angeschlossen waren von 38% (1991) auf 72% (2007) (Ruiters, Greg; Freie Stromversorgung in Südafrika, Ein Strategie zur Befreiung oder zur Kontrolle der verarmten Bevölkerung;in: Ambacher, Jens Erik/ Khan, Romin (Hrsg.); Südafrika – Die Grenzen der Befreiung; Berlin/ Hamburg 2010; S. 46).
Gleichzeitig hat die Technisierung der Landwirtschaft die Zahl der Arbeitskräfte auf dem Land von 1,5 auf 0,5 Millionen reduziert. Der Staat verbesserte allerdings mit dem Ausbau arbeitsrechtlicher Bestimmungen und Sozialstandards die Lebensbedingungen der Landbevölkerung. Da die lokalen Machtverhältnisse oft durch weiße Farmer dominiert werden, kommt es immer wieder zu gewalttätigen Konflikten (Greenberg, Stephen; Land und Unfreiheit – Die Landlosenbewegung und das Scheitern der Landreform in Südafrika; in: Ambacher, Jens Erik/ Khan, Romin (Hrsg.); Südafrika – Die Grenzen der Befreiung; Berlin/ Hamburg 2010; S. 60ff).
Bekannt wurde der Tod des Faschistenführers Eugene Terreblanche, der im April 2010 auf seiner Farm von zwei schwarzen Landarbeitern erschlagen wurde, die er um ihren Lohn geprellt und darüber hinaus auch noch sexuell belästigt hatte. Angeblich soll es jedes Jahr hunderte solcher tödlicher Zusammenstöße geben.
14Siehe auch: Grunebaum, Heidi/ Henri, Yazir/ Merk, Usche; Erinnerungspolitik und gesellschaftliche Aufarbeitung nach der Apartheid in: Ambacher, Jens Erik/ Khan, Romin (Hrsg.); Südafrika – Die Grenzen der Befreiung; Berlin/ Hamburg 2010
15McKinley a.a.O. S. 30
16Ambacher/ Khan a.a.O. S. 11
17Gespräch mit Zackie Achmat a.a.O. S. 122
18Bond, Patrick; Johannesburg – Von Gold und Gangstern; in: Ambacher, Jens Erik/ Khan, Romin (Hrsg.); Südafrika – Die Grenzen der Befreiung; Berlin/ Hamburg 2010; S. 130
19McKinley a.a.O. S. 31
20McKinley a.a.O. S. 32
21McKinley a.a.O. S. 35
22Bond a.a.O. S. 139.
Interview mit Ashwin Desai: »Die Menschen erkennen wieder einmal, dass sie Geschichte machen können, sogar gegen ihre eigenen Anführer, die sich mit ihrer Kampfgeschichte schmücken«; in: Ambacher, Jens Erik/ Khan, Romin (Hrsg.); Südafrika – Die Grenzen der Befreiung; Berlin/ Hamburg 2010; S. 157. S. 160
23Naidoo a.a.O. S. 144f.
24Ruiters a.a.O. S. 44f.
25Naidoo a.a.O. S. 145
26Bond a.a.O. S. 139
27Ruiters a.a.O. S. 51ff.
28Naidoo a.a.O. S. 145
29Ruiters a.a.O. S. 54
30Naidoo a.a.O. S. 148f.
31Naidoo a.a.O. S. 149
32Naidoo a.a.O. S. 149
33Naidoo a.a.O. S. 149; 152f.
34Naidoo a.a.O. S. 150
35Naidoo/ Veriava („003) zitiert nach Naidoo a.a.O. S. 151
36Naidoo a.a.O. S. 147; 151
37Naidoo a.a.O. S. 151
38Naidoo a.a.O. S. 147
39Naidoo a.a.O. S. 150
40Das National Land Commitee, die einflussreischste Land-NGO inerhalb LPM löste sich im Laufe dieser Auseinadersetzungen auf (Greenberg a.a.O. S. 69).
41Greenberg a.a.O. S. 67
Als Beipiel nennt Greenberg die „schwache Resonanz“ auf die Wahlboykottkampagne 2004. Angesichts einer Wahlenthaltung von 44% wirkt dieses Beispiel etwas konstruiert (siehe: S. 34f.).
42Greenberg a.a.O. S. 68
43Hassim, Shireen; Die Frauenbewegung im demokratischen Südafrika; in: Ambacher, Jens Erik/ Khan, Romin (Hrsg.); Südafrika – Die Grenzen der Befreiung; Berlin/ Hamburg 2010; S. 81
44Vgl. Schäfer, Rita; Strategien gegen geschlechtsspezifische Gewalt; in: Ambacher, Jens Erik/ Khan, Romin (Hrsg.); Südafrika – Die Grenzen der Befreiung; Berlin/ Hamburg 2010; S. 99
45Hassim a.a.O. S. 85
46Dabei sollte nicht unterschlagen werden, dass die Frauenbewegung innerhalb des politischen Systems wichtige Erfolge erzielte, die gerade auch den armen Frauen nützen, z.B. die Legalisierung von Abtreibungen.
47Interview mit Ashwin Desai a.a.O. S. 159
48Der 1998 gegründete TAC (= Treatment Action Campaign), entwickelte sich schnell zu einem zentralen Akteur der HIV/Aids-Politik von unten. Schwerpunkt der Aktivitäten waren:
- Kampagnen für die Notwendigkeit einer Gesundheitsreform und Diskussionen um Basisgesundheitskonzepte,
- Kampagnen gegen die Leugnung von Aids durch Präsident Mbeki und
- Kampagnen gegen die Pharmakonzerne, mit denen Durchgesetzt wurde, dass die Medikamente für Arme Schwarze erschwinglich wurden.
Viele TAC-Aktivist_innen sind alte Anti-Apartheidsaktivist_innen und das Verhältnis des TAC zum ANC ist besser als das anderer sozialer Bewegungen, wie z.B. APF oder LPM. COSATU und SACP unterstützen TAC
Siehe dazu:
Gespräch mit Zackie Achmat a.a.O.
Mbali, Mandisa; Die Treatment Action Campaign und die Geschichte des südafrikanischen Aids-Aktivismus; : Ambacher, Jens Erik/ Khan, Romin (Hrsg.); Südafrika – Die Grenzen der Befreiung; Berlin/ Hamburg 2010; S 111
49Gespräch mit Zackie Achmat a.a.O. S. 122
50Gespräch mit Zackie Achmat a.a.O. S. 120
51Auch wenn das z.B. Greenberg anders darstellt, belegt er es nicht.
52McKinley a.a.O. S. 34f.
2009 hatten viele Community-Organisationen und Soziale Bewegungen wie z.B. das Anti-Privatisierungs Forum, die South Africa’s Poor People’s Alliance, und die unabhhängige Landarbeiter_innengewerkschaft Sikhula Sonke zum Wahlboykott aufgerufen: „No Land! No House! No Vote!“
53Ambacher/ Khan a.a.O. S. 8f.
54Vgl. Piven/ Cloward a.a.O. S. 27
55Mbali a.a.O. S 111
56Naidoo a.a.O. S. 145
57Vgl. auch die Erfolge der Frauenbewegung bezüglich der Liberalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen.
58McKinley a.a.O. S. 40
59Naidoo a.a.O. S. 154
Kämpfe um Grundversorgung,Post-Apartheid-Südafrika, APF, Anti-Privatisierungs-Forum, Anti-Eviction-Campaign, Strom, Wasser, Prepaid-Zähler, Aufstand der Armen, Naidoo, Piven, Cloward, Aufstand der Armen, Organisierung