In einer von der UNO am 04.08 2011 herausgegebenen Studie wird detailliert wie nie zuvor das durch die Ölindustrie hervorgerufene ökologische Desaster in der Ogoni-Region des Nigerdeltas beschrieben. Der Bericht, der auf einer vierzehn Monate langen und an 200 Orten durchgeführten Untersuchung basiert, hält fest, dass eine Wiederherstellung des Ökosystems mit seinen Mangrovenwäldern und dem Labyrinth von Bächen und Sümpfen 25 bis 30 Jahre beanspruchen und gut eine Milliarde Dollar kosten würde.
Die Umweltzerstörung durch die seit fünfzig Jahren existierende Ölindustrie ist weitaus schlimmer als bisher angenommen. In mindestens zehn Gemeinden ist das Trinkwasser mit Kohlenwasserstoff kontaminiert und in einem Dorf sind die Menschen sogar auf Brunnenwasser angewiesen, das eine das 900-Fache des zulässigen internationalen Grenzwert übersteigende Benzolverseuchung aufweist. Zerstörte Fischgründe und verschmutzte Böden reduzieren die Verdienst- und Subsistenzmöglichkeiten der ansässigen Bevölkerung drastisch.
Die Shell Petroleum Development Company (SPDC) gilt in der vom Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (Unep) herausgegebenen Expertise als Hauptverantwortliche für die katastrophale Situation, weil zahlreiche Lecks an Pipelines und Raffinerien nicht sofort oder überhaupt nicht repariert wurden. Daneben sind zahlreiche Fälle von auslaufendem Rohöl auch auf Sabotageakte oder einfachem Diebstahl zurückzuführen.
Mit militanten Widerstandsaktionen gelang es dem Movement for the survival of the Ogoni People (Mosop), Shell 1993 zur Einstellung der Ölforderung im Siedlungsgebiet der Ogoni zu zwingen. Die Infrastruktur mit ihren Pipelines hingegen durchzieht weiterhin die Region. So übernahm Shell am 3. August – einen Tag vor der Veröffentlichung der UN-Studie – auch erstmals offiziell die Verantwortung für zwei Öllecks, die dort 2008 und 2009 jeweils zu großen Verschmutzungen geführt hatten. Infolge dieses Eingeständnisses und der jetzt vorliegenden UN-Studie, die übrigens von Shell mitfinanziert wurde, wird sich der britisch-niederländische Konzern mit umfangreichen finanziellen Entschädigungsansprüchen konfrontiert sehen.
Quellen:
Schwerste Schäden durch Ölpest im Nigerdelta. Neue Zürcher Zeitung. 08.11.2011