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Togo: Erneut massive Sozial-Proteste und Streiks

Streikaktionen der Lehrer_innen und Gesundheitsarbeiter_innen zwingen Regierung zu Verhandlungen, nachdem Schüler_innen landesweit in Massen militant demonstrieren.

Koordiniert von der unabhängigen Gewerkschaft Synergie der ArbeiterInnen Togos (STT) streikten die Beschäftigten im staatlichen und privaten Bildungs- und Gesundheitssektor vom 04. – 06. März und vom 04. – 06. April 2013.

Die Streikenden fassten ihre Forderungen in einem Acht-Punkte-Katalog zusammen. An erster Stelle stand die Verdoppelung der Berechnungsgrundlage des Tarif-Schemas, das seit fast vierzig Jahren nicht wesentlich verändert wurde. Weitere Forderungen betrafen u.a. die Vereinheitlichung des Renteneintrittsalters, die Erhöhung bestimmter Zulagen z.B. für Kinder, die Angleichung der untersten Tarifgruppen an den Mindestlohn oder die Erstattung von Fahrkosten.

Doch die Regierung akzeptierte die STT nicht als Repräsentant für Verhandlungen.

So verweigerten die Beschäftigten ihren Dienst erneut vom 10. bis zum 13. April. Jetzt gingen auch die Schüler_innen landesweit in allen größeren Städten zu Tausenden auf die Straßen und brachten ihren Zorn über die Regierung und ihre Unterstützung für die Forderungen ihrer Lehrer_innen zum Ausdruck. Dabei soll es zu Angriffen auf öffentliche Einrichtungen gekommen sein und der Minister für Wasserversorgung wurde attackiert. Die Schüler_innen befürchteten, dass ihre Jahresabschluss-Prüfungen gefährdet sein könnten und sie damit ein ganzes Schuljahr verlieren würden.

Neben einer zunehmenden Zahl von Angestellten anderer Ministerien unterstützten nun auch die streikfreudigen Motorrad-Taxifahrer („Zémidjans“) den Ausstand, so dass das öffentliche Leben fast vollständig zum Erliegen kam.

Um den Druck zusätzlich zu erhöhen, entschieden die organisierten Beschäftigten auf einer Vollversammlung („Assemblée générale“) am Samstag, den 13. April, ab der darauf folgenden Woche den Streik automatisch um jeweils fünf Tage zu verlängern, falls die Regierung weiterhin zu keinen direkten Verhandlungen bereit sein würde.

Aufgrund der Eskalation des Konfliktes beschloss das Kabinett auf einer Dringlichkeitssitzung, vorläufig alle öffentlichen und privaten Schulen zu schließen und der STT Gesprächsbereitschaft zu signalisieren.

Bei erneuten Demonstrationen der Schüler_innen wurde am Montag, den 15. April, in Dapaong, der nördlichsten Stadt Togos, ein zwölfjährige Schüler durch eine Polizeikugel mitten ins Herz getötet und ein 22-jähriger Student verblutete, nachdem er von Polizisten schwer misshandelt worden war. Daraufhin setzten Wütende die Polizeistation in Dapaong mitsamt der davor parkenden Polizeiautos in Brand.

Am selben Tag entschieden die Streikenden auf einer kurzfristig einberufenen Vollversammlung, den Streik ab Dienstag für 48 Stunden für die Aufnahme von Verhandlungen auszusetzen. Gleichzeitig würdigten Sprecher_innen die Unterstützung der Schüler_innen, und verurteilten die Ermordung der zwei Schüler. Im Weiteren beschlossen die Lehrer_innen, vorerst den Dienst bis zur Aufklärung der Morde nicht wieder aufzunehmen.

Insbesondere die Erschießung des zum „Märtyrer des Kampfes“ ernannten Zwölfjährigen wurde zum einem Fanal. Eine Identifizierung des Täters erfolgte bislang nicht.

Am 23.04.2013 vereinbarten die Delegierten der STT und die Verhandlungsdelegation der Regierung einen vorläufigen Kompromiss. Als Sofortmaßnahme werden die Grundgehälter der Beschäftigten ab Mai um 30% bzw. 20% erhöht. Über die Details der Acht-Punkte-Forderungen konnte keine Einigung erreicht werden, darüber wird weiter verhandelt. Die STT verzichtete dafür auf einen für den 26. April vorgesehenen Streiktag, behält sich jedoch weitere Ausstände vor, falls die Regierung die Verhandlungen verschleppen sollte.

Quellen: Liberté Togo 02.04.2013; Savoir News 04. u. 16. 04.2013; ici Lomé 12., 15. u. 17. 04.2013, Le Pays 17.04.2013; Togo infos 24.04.2013