Die somalischen Piraten stellen anscheinend nicht mehr die größte Gefahr für die Geschäfte der großen Reedereien dar. Nach dem am 18.06.2013 vom Londoner International Maritime Bureau herausgegebenen Jahresbericht kamen in Folge von Seepiraterie in 2012 vor Somalia 850 Seeleute ‚zu Schaden‘, während sich im Golf von Guinea vor Nigeria knapp 1000 Personen mit Piratenangriffen konfrontiert sahen. Am Horn von Afrika seien aufgrund des massiven Einsatzes von Kriegsschiffen und bewaffnetem Sicherheitspersonal an Bord 80 Prozent weniger Seeleute von den Angriffen betroffen gewesen als im Jahr zuvor.
Im Golf von Guinea wurden im letzten Jahr von 43 Schiffen Übergriffe gemeldet. Fachleute gehen allerdings davon aus, dass es mittlerweile pro Tag zu einer versuchten Enterung kommt, was aber zur Vermeidung steigender Versicherungsbeiträge meist nicht öffentlich gemacht wird.
Die Piraten vor Westafrika haben es auf Rohöl und Benzin abgesehen und attackieren deshalb insbesondere vor Anker liegende Schiffe und Tanker. Die sich nur über einige Tage hinziehenden Geiselnahmen der Besatzung sind im Gegensatz zur Piraterie auf der anderen Seite des Kontinents Mittel zum Zweck und werden mit der erfolgten ‚Übernahme‘ der Fracht beendet. Mit dem Verkauf des gekaperten Treibstoffs auf dem Schwarzmarkt Nigerias verdienen die Seeräuber nach Expertenmeinung ein Vielfaches mehr als ihre somalischen Kollegen.
Das Problem für die betroffenen Transportunternehmen in dem Seegebiet ist, dass dort die vor Somalia durchgeführten Schutzmaßnahmen nicht anwendbar sind. Denn die westafrikanischen Piraten sind im Sinne des Seerechts eigentlich keine Piraten, weil sie innerhalb der Hoheitsgewässer von Nigeria oder manchmal auch von Togo oder Benin operieren. Und dort ist es zivilen Frachtschiffen weder erlaubt, an Bord Sicherheitskräfte einzusetzen, noch möglich, Kriegsschiffe aus anderen Ländern zum Schutz anzufordern.
Piraten vor Westafrika. In: Neue Zürcher Zeitung, Nr. 140 vom 20.06.2013, S. 5
Piraten greifen häufiger im Westen an. Seeräuber haben es im Golf von Guinea laut einer Studie auf die Fracht abgesehen/Brutalität wächst. In: Frankfurter Rundschau, Nr. 139 vom 19.06.2013, S. 7