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Tschad: Proteste nach der Vergewaltigung einer Schülerin

Die Bevölkerung des Sahelstaats Tschad ist wütend. Am 8. Februar war die Gymnasiastin Zouhoura Brahim Ali in der Hauptstadt N’Djamena von sieben Jugendlichen entführt und vergewaltigt worden. Sie ist die Tochter des Präsidenten der oppositionellen Afrikanischen Demokratischen Bewegung (MDA), Mahamat Yesko Brahim Ali. Bei den Tätern, die Aufnahmen der Misshandlungen im Internet verbreiteten, handelt es sich um Söhne von hohen Vertretern der Regierung und der Armee, so des Außenministers und zweier Generäle. Erst mehr als eine Woche nach der Tat sollen die Jugendlichen nach offiziellen Angaben festgenommen und in ein Gefängnis nördlich der Hauptstadt überstellt worden sein. Ob und wie gegen sie weiter juristisch vorgegangen wird, ist bislang nicht mitgeteilt worden.

Mahamat Ali, der seit 2005 in Frankreich wohnt, nachdem er nur knapp ein Attentat überlebt hatte, sagte im Interview mit Afrik.com, dass Vergewaltigungen im Tschad keine Seltenheit seien. Angehörige der herrschenden Klasse hätten zudem keine Strafe zu befürchten. Er hoffe, dass die Empörung über das Verbrechen an seiner Tochter zur gesellschaftlichen Ächtung solcher Taten und zu einem Ende sexueller Gewalt führe. Seine Tochter war aus Frankreich in den Tschad zurückgekehrt, um dort das Abitur abzulegen.

Vergewaltigungen sind in Tschad bislang ein Tabuthema. Doch Zouhoura schwieg nicht und löste eine Welle von Solidaritätskundgebungen aus. Am 15. Februar fand in N’Djamena eine Demonstration statt, um gegen das Verbrechen zu protestieren. Sie wurde von der Polizei unter Einsatz scharfer Munition aufgelöst, ein Demonstrant wurde getötet. Als Reaktion darauf wurde am 20. Februar das Bündnis »Ça suffit« (Es reicht), ein Zusammenschluss von rund 20 Gewerkschaften und Bürgerrechtsgruppen, gegründet. Am 24. Februar organisierte es bereits eine erfolgreiche landesweite ­Aktion unter dem Motto »Ville morte« (Tote Stadt), eine Art Generalstreik, bei dem die Tschader einen Tag lang jegliche Aktivität ruhen ließen. Nun sollen sie vom morgigen Donnerstag an jeden Morgen um 5.30 Uhr und abends um 21 Uhr eine Viertelstunde lang mit Trillerpfeifen lautstark ihrer Forderung nach einem Ende der seit 1990 andauernden Diktatur von Präsident Idriss Déby Itno und seiner Patriotischen Wohlfahrtsbewegung (MPS) Ausdruck verleihen, wie die Webseite Tchad Convergence meldete.

jW 9.3.016