Von den Bodenschätzen Südafrikas – Gold, Diamanten, Platin, Kupfer, Chrom, Vanadium, Mangan, Uran, Eisenerz, Kohle – profitieren einige wenige nationale und transnational agierende Großkonzerne. Die lokalen Bevölkerungen in den Bergbaugebieten haben keinen Nutzen davon. Im Gegenteil sind sie den extrem negativen Folgen dieser größten Exportsparte Südafrikas ausgesetzt: Zerstörung der gemeinschaftlichen Sozialstrukturen und deren landwirtschaftlicher Lebensgrundlagen.
In vielen ländlichen Gebieten, in denen die Raub-Projekte der Extraktivismus-Konzerne mit Unterstützung der (korrupten) Regierung implantiert werden, existiert kein Privatbesitz am Boden. Insbesondere in den ehemaligen „Homelands“ besitzen die Gemeinden das Land gemeinschaftlich. In Südafrika betrifft das 17 Millionen der insgesamt etwa 58 Millionen Menschen. Traditionelle Behörden sollen das Land im Sinne der lokalen Gemeinschaften verwalten, Entscheidungen sollen dabei gemeinschaftlich getroffen werden.
Diese Gemengelage führt zu einer Situation, in der sich ein von Inwertsetzungswillen getriebener Kapitalismus mit seinen willfährigen Regierungsrepräsentanten und Menschen, die ihre Lebensgrundlagen verteidigen, sich dabei aber nicht in Gesamtheit einig sind, gegenüberstehen.
Frauen stehen an vorderster Front im Kampf gegen den Bergbau, kämpfen gegen mächtige Konzerne und staatliche Interessen und versuchen gleichzeitig, angestammtes Land zu schützen.
Nonhle Mbuthuma wuchs auf und lernte, wie man Landwirtschaft betreibt und Lebensmittel produziert. Zu ihren schönsten Kindheitserinnerungen gehört es, ihren Eltern beim Anbau von Süßkartoffeln und anderen Feldfrüchten in ihrem Dorf Xolobeni in der südafrikanischen Provinz Ostkap zu helfen.
Heute ist sie eine Umweltaktivistin und Verteidigerin des Landes ihrer Vorfahren – eine Position, die sie ständigen Gewaltandrohungen ihrer Gegner aussetzt und bedeutet, dass sie immer einen Leibwächter dabei haben muss, wenn sie ihr Haus verlässt.
„Erst neulich habe ich Anzeige bei der Polizei erstattet, nachdem ich bedrohliche Textnachrichten erhalten hatte. Ich weiß, dass sie es ernst meinen, wir haben schon so viele [Aktivist*innen] verloren, aber ich kann nicht aufhören, weil dies unser Land ist“, sagt eine leidenschaftliche Mbuthuma.
Seit mehr als einem Jahrzehnt kämpfen Mbuthuma und lokale Aktivist*innen aus Xolobeni in der Wild Coast Region, um den Bau einer Titandünen-Mine durch das australische Unternehmen Mineral Commodities (MRC) zu verhindern. Die Mine wäre eine der größten Südafrikas. Sie würde sich auch in angestammtes Gebiet fressen.
Seit das Bergbauprojekt 2007 erstmals öffentlich gemacht wurde, gibt es Konflikte mit dem Unternehmen, vor allem in der Amadiba-Gemeinde von Xolobeni. Unbeugsame Aktivisten, oft Frauen, wurden bedroht, belästigt und sogar getötet. Mbuthuma hat eine Organisation namens Amadiba Crisis Committee (ACC) mitbegründet. Im März 2016 wurde der Vorsitzende der ACC, Sikhosiphi „Bhazooka“ Rhadebe, in seinem Haus vor den Augen seines Sohnes von zwei Männern erschossen, die sich als Polizisten ausgaben.
„Sie haben ihn getötet. Er wollte nicht tyrannisiert werden“, sagt Mbuthuma. Normalerweise lebhaft, spricht sie leise, als sie sich an den Tag erinnert, an dem sie ihren Freund und Mitstreiter verloren hat. „Und jetzt haben sie Mama Ntshangase getötet.“
Wie Rhadebe war Mama Fikile Ntshangase eine Umweltaktivistin – und auch eine Großmutter und eine Stütze ihrer Gemeinde. Wie Mbuthuma war sie in einen Kampf gegen eine Bergbaufirma um angestammtes Land verwickelt. Am 23. Oktober 2020 wachten die Südafrikaner mit der tragischen Nachricht auf, dass sie in dem Haus, das sie mit ihrem 11-jährigen Enkel teilte, von vier Bewaffneten erschossen worden war.
Ntshangase war ein wichtiges Mitglied der Mfolozi Community Environmental Justice Organisation (MCEJO), die sich gegen die Pläne von Tendele Coal Mining zur Erweiterung des bestehenden Kohletagebaus in Somkhele in der Provinz KwaZulu-Natal wehrt. Mama Ntshangase war die Gemeinschaft so wichtig, dass sie bereit war, für sie zu sterben.
Sie haben es auf Frauen abgesehen, weil Frauen ein nachhaltiges Erbe für ihre Kinder und für die Gemeinschaften hinterlassen.
Mbuthuma und Mama Ntshangase hatten sich mehrfach getroffen, verbunden durch den gemeinsamen Kampf gegen die Bergbaupraktiken, die sie als ausbeuterisch empfanden, und durch die gemeinsame Überzeugung der Wichtigkeit sich selbst erhaltender Gemeinden.
„Wir sind nach Somkhele gefahren, um die Aktivist*innen dort zu treffen, und sie sind nach Xolobeni gekommen“, sagt Mbuthuma. „Da gab es Solidarität. Aber jetzt haben die Frauen in Somkhele Angst, und viele sind untergetaucht. Es bricht mir das Herz, die Situation dort ist sehr schlecht.“
Im Februar wurden 19 Kugeln auf das Haus einer anderen Anti-Bergbau-Aktivistin, Tholakele Mthetwa, abgefeuert – nachdem sie sich geweigert hatte, Umsiedlungspapiere zu unterschreiben, um Platz für die Expansion denselben Bergbaukonzern Tendele Coal Mining zu machen – so ihr Anwalt. Mbuthuma glaubt, dass solche Gewalt geschlechtsspezifisch ist. „Ich denke, sie zielen auf Frauen ab, weil sie wissen, dass Frauen sich um die kommenden Generationen sorgen. Frauen sorgen sich darum, ihren Kindern und der Gemeinschaft ein nachhaltiges Erbe zu hinterlassen. Wir haben gesehen, dass einige Männer ihre Einstellung ändern, nachdem sie einzelne (finanzielle) Versprechen erhalten haben, aber niemals Frauen.“
Nachhaltigkeit versus Ausbeutung, staatlich versus lokal
Anstatt das Land an Bergbaukonzerne zu verkaufen, möchte Nonhle Mbuthuma, dass die Wild Coast-Gemeinschaft nachhaltige Methoden der Entwicklung anwendet. Die Einheimischen produzieren ihre eigenen Lebensmittel, die sie an die benachbarten Städte verkaufen, sie fischen in den Gewässern vor der Wild Coast und sie haben einen boomenden Ökotourismus-Einkommenszweig, der Besucher aus Lateinamerika, Asien und der westlichen Welt anzieht.
Während der schweren Coronavirus-Sperre in Südafrika, sagt Mbuthuma, nahmen die Gemeinden von Xolobeni keine staatlichen Lebensmittelpakete an, sondern bauten ihre eigenen Lebensmittel an. „Sogar einige Leute, die für den Bergbau waren, sind zu Bergbaugegner*innen geworden, weil das Land während des Lockdowns auf eine Weise für sie gesorgt hat, wie es die Regierung nicht konnte.“
In ihrem Kampf legen sich indigene Umweltaktivisten wie Mbuthuma nicht nur mit den Bergbaukonzernen an, sondern auch mit der politischen Elite Südafrikas. Im September 2016 wurden Mitglieder von Mbuthumas Anti-Bergbau-Gruppe ACC mit Tränengas und Kugeln angegriffen, als die südafrikanische Polizei gerufen wurde, um den Minister für Bodenschätze, Gwede Mantashe, zu „beschützen“, der sich mit Pro-Bergbau-Gruppen in der Gegend traf.
Trotz eines fehlenden Konsenses der Gemeinde und anhaltender Rechtsstreitigkeiten scheint der Staat voll hinter MRC zu stehen. In einem Dokument mit dem Titel „Halbjahrespräsentation 2020“ behauptet das australische Unternehmen: „Das Unternehmen hat die Genehmigung für seinen zukünftigen Sozialarbeitsplan 2019-2023 vom Department of Mineral Resources and Energy erhalten.“
Johan Lorenzen von Richard Spoor, einer südafrikanischen Anwaltskanzlei, die seit Jahrzehnten Umwelt-, Menschenrechts- und Gemeindeinteressen vertritt, sagt, dass seine Klienten verletzlich sind und der Staat wenig bis gar keine Anstalten macht, sie zu schützen. Die Bergbauunternehmen scheinen den Staat auf ihrer Seite zu haben, aber wenn Aktivist*innen wie Fikile Ntshangase getötet werden, gibt es einen „Mangel an Entschlossenheit“ und keine Bemühungen, der Gewalt ein Ende zu setzen, sagt er.
Lorenzens Anwaltskanzlei hat 2018 einen Sieg vor dem Obersten Gerichtshof errungen, der anerkennt, dass für Bergbauaktivitäten eine breite Zustimmung der Gemeinden erforderlich ist. Aber die Verfolgung einer gerichtlichen Intervention kann selbst gefährlich sein.
Human Rights Watch sagt, dass Ntshangase „getötet wurde, nachdem sie sich geweigert hatte, rechtliche Anfechtungen gegen bestehende und zukünftige Bergbauaktivitäten zurückzuziehen“. Mehrere südafrikanische Umweltorganisationen stimmen dem zu.
In einer Erklärung, die unter anderem von Earthlife Africa, Lawyers for Human Rights und der Social Justice Coalition verfasst wurde, wird der Streit zwischen MJECO und Tendele beschrieben. Die Erklärung wirft staatlichen und traditionellen Autoritäten vor, die Bergbaufirma aktiv bei ihrem Vorhaben unterstützt zu haben, MJECO dazu zu bringen, die Klagen gegen die Minenerweiterung zurückzunehmen.
Ntshangase wurde eine Woche vor der Anhörung in einem von der MCEJO angestrengten Gerichtsverfahren vor dem Obersten Berufungsgericht ermordet.
Kolonialismus damals und heute
Diese Konflikte zwischen den Bedürfnissen indigener Gemeinschaften im globalen Süden und dem kapitalistischen Appetit ausländischer Unternehmen sind mittlerweile Jahrhunderte alt. Vom Kongo bis Südafrika waren solche Auseinandersetzungen mit Kolonialismus und imperialistischer Gewalt verwoben. Heute marschieren Bergbau- und andere Rohstoffunternehmen weiterhin in arme Gemeinden ein und winken mit billigen Anreizen. Sie arbeiten mit öffentlichen Amtsträgern zusammen und korrumpieren diese, während sie versuchen, ihre Konzernimperien zu erhalten und zu erweitern.
Damals wie heute führen die Aktivitäten der Unternehmen zu Umweltverschmutzung, Zwangsvertreibung von Menschen und anderen Umwelt- und Menschenrechtsverletzungen. Es sind Aktivist*innen wie Nonhle Mbuthuma und Fikile Ntshangase, die vor den indigenen Gemeinden gegen die Konzerne stehen. Sie zahlen einen hohen Preis für ihren Widerstand, von aggressiver Schikane bis hin zu Mord.
Erstveröffentlichung: 3. Januar 2021
Übersetzung: izindaba