Zum Inhalt springen

No Border, No War!

Frieden, Freiheit und Gerechtigkeit für den Sudan

Am 3. Juni 2019 räumten sudanesische Militärs und Milizen ein großes Widerstandscamp mit hunderttausenden Teilnehmenden vor dem Hauptquartier der Armee in der Hauptstadt Khartum. Dabei wurden mehr als 100 Menschen ermordet, zahlreiche vergewaltigt und unzählige verletzt. In Gedenken an die Märtyrer, zur Unterstützung der sudanesischen Revolution und aus Protest gegen den „Krieg gegen die Revolution“ und die Europäische Migrations- und Kriegspolitik organisierte die Gruppe Sudan AG Rheinland am 1. Juni eine Protestkundgebung in Köln unter dem Motto: Frieden, Freiheit und Gerechtigkeit für den Sudan. Im folgenden dokumentieren wie den Redebeitrag der Gruppe (izindaba.info).

Ehrlich gesagt, es ist uns lange etwas sinnlos vorgekommen eine Kundgebung zum Sudan zu machen, angesichts der vielen anderen Kriege in der Welt: Kongo, Mosambik, Mali, Ecuador, Ukraine, Palästina, Israel usw. usf.

Angeblich soll es noch nie soviel Kriege gegeben habe wie zur Zeit.

Deswegen möchte ich daran erinnern, dass all diese Kriege für uns eine gemeinsame Klammer haben:

  • Es sind alles Kriege zu Aufrechterhaltung der kapitalistischen, sexistischen und rassistischen Weltordnung, einer Kultur des Tötens.
  • Es sind alles Kriege, die sich gegen die zivile Bevölkerungen und ihre vielfältigen eigensinnigen und widerständigen Praktiken richten.
  • Es sind alles Kriege, die Land, Leben und Seelen zerstören, die Seelen der Opfer, aber auch die Seelen der Täter (auch wenn ich das auf gar keine Fall gleich setzen will bringt beides große gesellschaftliche Problem mit sich) und selbst die Seelen der Zuschauenden. Mit den Folgen werden Generationen zu kämpfen haben.
  • Und es sind alles Kriege, mit denen sich sehr gute Geschäfte machen lassen.

Krieg ist im Kapitalismus alternativlos. Ohne Krieg kann es keinen Kapitalismus geben. Deswegen ist für uns – die wir den Krieg hassen – die Abschaffung des Kapitalismus alternativlos.

Manchmal, oft aus persönlichen Gründen ist uns die eine Seite näher als die andere. Das ist legitim. Aber wenn wir den Schmerz in den Augen der anderen nicht wahrnehmen, kann es keine Gerechtigkeit geben. Und ohne Gerechtigkeit gibt es keinen wirklichen Frieden.

No Justice, no peace!!

No Border, diese Forderung ist doch unrealistisch. So höre ich immer wieder. Nein, No Border ist nicht unrealistisch, Border ist unrealistisch, denn „Doing Border“ bedeutet Mord und Totschlag, bedeutet Krieg!

Historisch gesehen sind Grenzen einfach eine schlechte Idee, die die herrschenden hatten um die Bevölkerung besser beherrschen zu können. Doch die Menschen halten sich einfach nicht an Grenzen. Und so versucht die EU seit Jahren einen Schutzwall von Außengrenzen zu ziehen, um unkontrollierte Einreisen zu verhindern.

Verhindern tun sie gar nichts, die Zahlen steigen. Aber sie erhöhen den Preis, den die Menschen bezahlen müssen: Bezahlen mit immer mehr Geld für die Passage, bezahlen mit ihrer Freiheit, bezahlen mit Schäden an Leib und Seele, bisweilen sogar mit dem eigenen Leben.

Das skurrile dabei ist, dass diese Migrationsverhinderungspolitik keine Migration verhindert, sondern neue Gründe für Migration schafft. Der Krieg im Sudan ist ein grausames Beispiel dafür, wie diese Politik direkt die größte Flüchtlingskrise der Gegenwart ausgelöst hat.

Wie das?

Seit immer mehr Geflüchtete den Weg nach Europa suchen, versucht die europäische Politik mit wenig menschenrechtskonformen Regimes am Rande Europas sogenannte Migrationsabkommen zu schließen.

Bekannte Beispiele sind die Deals mit der Türkei und mit den Terrormilizen in Libyen. Diktatoren als Türsteher Europas nannten das Simone Schlindwein und Christian Jacobs.

Im Rahmen eines weiteren Migrationsabkommen, des sogenannten Khartumsprozesses, sollte die Migration vom Horn von Afrika, also aus Somalia, Eritrea und Äthiopien (alles damals Länder mit vergleichsweise hohen Anerkennungsquoten) bereits im Sudan unterbunden werden.

Zu diesem Zweck verhandelte die EU mit der damaligen Regierung von Al-Bashir. Ein Verbrecher und Massenmörder, der wegen dem Völkermord in Dafur (mit ca. 600.000 Ermordeten) vom internationalen Strafgerichtshof zur Fahndung ausgeschrieben war.

Dieser Verbrecher hatte auch direkt die richtigen Jungs am Start, die die Migrant:innen zuverlässig in der sudanesischen Wüsten „stoppen“ würden: Janjaweed, rote Teufel auf Pferden, wie sie genannt wurden. Sie hatten ihre Effizienz, ihre Fähigkeiten und ihre Grausamkeit ausreichend unter Beweis gestellt :

– als Hauptakteure des Völkermords in Dafur

– und 2013 bei der blutigen Unterdrückung eines Aufstandes mit mehr als 200 Ermordeten.

Diese Truppe, die sich bis 2013 vor allem mit Plünderungen und Goldbergbau finanzierte, wurde als Rapid Support Forces in den offiziellen Sicherheitsapparat aufgenommen und sollte sich um die „Sicherung der Grenzen“ kümmern. Neben Gold und Plünderungen kamen jetzt weitere Geschäftsfelder hinzu:

Die EU finanzierte Ausrüstung, Waffen, und Ausbildung und europäische Botschaften nahmen sie als Sicherheitskräfte unter Vertrag. Tochterunternehmen wurden unter anderem in Britannien gegründet.

Dieser neue zivil-militärische Konzern schickte nun auch Söldner für die Vereinigten Arabischen Emirate in die Kriege im Yemen und in Libyen.

Nach dem Ende von Bashir wurde der Janjaweed-Führer Hemeti Vizepräsident und die Janjaweed waren maßgeblich am Massaker vom 1. Juni 2019 beteiligt: mit Mord, Raub, Vergewaltigungen!

Das Hauptziel, die Revolution und die Widerstandskomitees zu stoppen und wenn möglich zu liquidieren verbindet nach wie vor die RSF/ Janjaweed mit der Armee und mit der sogenannten internationalen Staatengemeinschaft.

  • Ohne die umfassende Förderung durch die EU und
  • ohne die anschließenden praktischen Kampferfahrungen im Yemen und in Libyen

wären die RSF/ Janjaweed niemals in der Lage, in diesem mörderischen Krieg gegen die Armee zu bestehen. Ohne die Förderung durch die EU wäre dieser grausame Krieg niemals Realität geworden!

So führte das Khartumabkommen, das die Migration eindämmen sollte, direkt zur größten Flüchtlingskrise der Gegenwart.

Hat die EU daraus gelernt?

Sie macht jedenfalls weiter auf dem eingeschlagenen Weg:

Für ein neues Migrationsabkommen mit der Militärdiktatur in Ägypten lässt die EU schlappe 7,4 Milliarden Euro springen:

Tausende von sudanesischen Flüchtlingen, die ins benachbarte Ägypten geflohen sind, werden jetzt von den ägyptischen Behörden in einem Netz geheimer Militärstützpunkte festgehalten und dann illegal in ihr vom Krieg zerrissenes Land zurückgeschickt, ohne die Möglichkeit, Asyl zu beantragen, wie eine Untersuchung von The New Humanitarian und der Refugees Platform in Ägypten ergab.

Die von den Reporter:innen aufgedeckten Abschiebungen verstoßen gegen Flüchtlingskonventionen, die Ägypten ratifiziert hat, und werden durchgeführt, während die EU Kairo 7,4 Milliarden Euro für die Eindämmung der Migration nach Europa zugesagt hat.

Die Aufzählung der Menschenrechtsverletzungen (Pushbacks, Folter, Vergewaltigungen, Mord), die mit unseren Steuergeldern bezahlt werden, ist erschreckend und deprimierend, doch trotzdem hatte ich am Ende des Berichts auch gute Laune, als ich die Geschichte von Amina las:

Amina, die aus Ägypten illegalerweise in den Sudan abgeschoben wurde, machte sich sofort erneut auf die Reise.

Sie sagte, ägyptische Soldaten hätten sie sogar ermutigt, die Reise erneut anzutreten: denn diese beklagten sich, dass sie nur rund jedes zehnte Fahrzeug abfangen konnten. 90% kriegen sie nicht!.

Niemand kann den Wind einfangen.

Niemand kann die Menschen hindern ein besseres Leben zu suchen, wenn ihre Länder vom internationalen Kapitalismus zerstört werden.

No War, no border, no Nation – Stop Deportation!!!